EuGH-Generalanwalt zu Vergabeverfahren: Kein Auf­trag ohne Min­dest­lohn

09.09.2015

Der EuGH muss klären, ob das Unionsrecht öffentlichen Auftraggebern erlaubt, von Bietern und deren Subunternehmern zu verlangen, ihrem Personal einen Mindestlohn zahlen. Der Generalanwalt hat nun Stellung bezogen.

In seinen Schlussanträgen hat Generalanwalt Mengozzi gegenüber den Richtern des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) Stellung zu der Frage bezogen, ob ein öffentlicher Auftraggeber eines Mitgliedstaats im Rahmen der Vergabe eines Auftrags von Bietern die Zahlung eines Mindestlohns verlangen darf (Az. C-115/14). Die Frage stammt vom Oberlandesgericht (OLG) Koblenz, welches den Rechtstreit zwischen der Stadt Landau und der RegioPost GmbH & Co. KG entscheiden muss.

Der Postdienstleister wehrt sich dagegen, dass die Stadt ihn bei der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen hatte. Das Unternehmen hatte die von der Stadt verlangte Mindestentgelterklärung nicht vorgelegt. Eine solche Erklärung, womit sich das Unternehmen verpflichtet, seinen Beschäftigten ein Entgelt von mindestens 8,50 Euro brutto pro Stunde zu zahlen, ist nach § 3 des rheinland-pfälzischen Landestariftreuegesetzes (LTTG) allerdings zwingend. Andernfalls muss das Unternehmen vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.

Länder dürfen bestimmte Arbeitsbedingungen verlangen

Die Besonderheit dieses Falls liegt darin, dass es zu dem Zeitpunkt, in dem der Streit entstand, noch keinen bundesweit geltenden Mindestlohn gab. Ebenso wenig bestand eine für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag im Postdienstleistungssektor.

Generalanwalt Mengozzi stellte in seinen Schlussanträgen nun fest, dass die einschlägige Unionsrichtlinie 2004/18 für das Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge den Mitgliedstaaten nicht untersage, eine Regelung zu erlassen, wonach Bieter und deren Nachunternehmer erklären müssen, einen Mindestlohn zu zahlen. Auch verbiete das Unionsrecht nicht, Unternehmen, die sich dagegen weigern, vom Vergabeverfahren auszuschließen. Laut Art. 26 der Richtlinie seien die Mitgliedstaaten ermächtigt, Auftragnehmern die Einhaltung zusätzlicher Arbeitsbedingungen vorzuschreiben. Daher müssten sie auch befugt sein, entsprechende  Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen, so der Generalanwalt. Der Ausschluss des Bieters vom Vergabeverfahren mit der Begründung, er weigere sich, die Verpflichtungserklärung nach § 3 LTTG abzugeben, stelle eine angemessene Maßnahme dar.

Wann der EuGH seine Entscheidung verkünden will, ist nicht bekannt.

una/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EuGH-Generalanwalt zu Vergabeverfahren: . In: Legal Tribune Online, 09.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16845 (abgerufen am: 19.11.2024 )

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