Untätigkeit soll bestraft werden: Die EU-Kommission verklagt die Bundesrepublik wegen zu hoher Nitrat-Belastung in ihren Gewässern. Eine entsprechende Reform der Bundesregierung stockt seit Langem.
Bereits im April kündigte die Europäische Kommission an, die Bundesrepublik Deutschland (BRD) zu verklagen - nun macht sie ernst: Beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) ging jetzt eine entsprechende Klage im Zuge eines Vertragsverletzungsverfahrens ein. Dies erklärte am Montag ein Sprecher des Gerichtshofs. Grund für das eingeleitete Verfahren sind zu hohe Nitrat-Werte in deutschen Gewässern.
Schon seit längerer Zeit ist das Problem der vielerorts zu hohen Konzentration von Nitrat bekannt, getan hat sich aber nichts. Als Hauptursache für die Verunreinigung gilt der Einsatz von Gülle und Dünger in der Landwirtschaft. Eine Reform der hierfür maßgeblichen Düngeverordnung befindet sich noch in der Planung.
Somit ist Deutschland seiner Verpflichtung aus der 1991 beschlossenen Nitrat-Richtlinie der Europäischen Union (EU) nicht nachgekommen. Danach müssen alle Mitgliedsstaaten ihre Gewässer überwachen und Aktionsprogramme gegen etwaige Verunreinigungen aufstellen. Das nationale Aktionsprogramm nach der aktuellen Düngeverordnung, welche der Umsetzung der Richtlinie dient, wird den Anforderungen allerdings nicht gerecht.
Auch Umweltverbände und Wasserversorger drängen auf strengere Regeln. Nitrat ist von entscheidender Bedeutung für das Pflanzenwachstum, führt aber bei zu hoher Konzentration zu starkem Algenwachstum und erstickt dadurch anderes Leben. Auch für Menschen kann es unter Umständen gesundheitsgefährdend sein, wenn der Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter (mg/l) überschritten wird.
Nitrat-Konzentration seit Jahren zu hoch
Obwohl die Nitrat-Konzentration weiter ansteigt, seien keine strengeren Maßnahmen durch die BRD ergriffen worden, so die Einschätzung der Kommission. Laut dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit lag der Anteil der Messstellen, an denen der Nitratgehalt den Grenzwert überschritt, im vergangenen Jahr bei 18,1 Prozent. Besonders hoch sei er in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Schon 2014 hatte die Kommission Deutschland aufgefordert, stärker gegen die Nitrat-Konzentration im Wasser vorzugehen.
Die Reaktionen in der Politik fielen zum Teil deutlich aus: So sprach der niedersächsische Agrarminister Christian Meyer (Grüne) von einer "Ohrfeige für den Bundesminister". Der angesprochene Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) sagte dazu: "Es muss in unser aller Interesse sein, zeitnah und gemeinsam eine praxistaugliche Düngeverordnung zu verabschieden, statt sich von Brüssel verurteilen zu lassen".
Laut einer Ministeriumssprecherin ist die Klage in der vergangenen Woche formell zugestellt worden. Ob sie Einfluss auf die geplante Reform haben werde, die dem Bundesrat im Dezember vorgelegt werden soll, könne noch nicht gesagt werden. Die Regierung habe für eine Stellungnahme nun erst einmal zwei Monate Zeit.
mam/LTO-Redaktion/dpa
Wegen zu hoher Nitratbelastung: . In: Legal Tribune Online, 07.11.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21080 (abgerufen am: 20.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag