Sind die vier Kit-Kat-Finger nicht bekannt genug, um Markenschutz zu genießen? So sieht es jedenfalls der EuGH-Generalanwalt. Dass die Süßigkeit wirklich in ganz Europa bekannt sei, habe Produzent Nestlé nicht nachgewiesen.
Dem Schweizer Lebensmittelriesen Nestlé droht vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine empfindliche Schlappe: Dieser könnte bald die Löschung des Markenschutzes von Nestlés hierzulande bekanntem Schokoriegel Kit Kat besiegeln. Generalanwalt Melchior Wathelet riet dem Gerichtshof in seinen am Donnerstag veröffentlichten Schlussanträgen jedenfalls genau dazu (Az. C-84/17 P u. C-95/17 P).
Im Jahr 2006 hatte der Konzern beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) die charakteristischen vier zusammenhängenden Riegel aus mit Schokolade überzogener Waffel als Markenzeichen schützen lassen. Ein Jahr später beantrage der britische Süßwarenhersteller Cadbury Schweppes die Nichtigerklärung der Marke, da sie nicht die ausreichende Unterscheidungskraft besitze.
Dem widersprach das EUIPO und verweigerte die Löschung der Marke. Die ursprünglich von der Firma Rowntree's in Großbritannien vertriebenen Vier-Finger-Riegel waren nach Ansicht des Amtes innerhalb der EU so verbreitet, dass man sie qua Nutzung ausreichend mit der Marke identifizieren könne.
Generalanwalt: Rechtsmittel nur für unterlegene Partei
Cadbury, zwischenzeitlich vom Milka-Hersteller Mondelez übernommen, ließ aber nicht locker und klagte vor dem Gericht erster Instanz der EU (EuG) auf Nichtigerklärung des Markenzeichens. Und das EuG gab dem Begehren statt: Das EUIPO haben es sich zu einfach gemacht, indem es sich nur auf die bewiesene Unterscheidungskraft in einer Vielzahl von EU-Ländern (darunter Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien oder die Niederlande) gestützt habe. Die Bekanntheit in Belgien, Irland, Griechenland und Portugal sei schließlich nicht bewiesen worden. Ohne einen Nachweis darüber habe das Amt die Entscheidung nicht treffen dürfen, so das EuG.
Gegen diese Entscheidung legte Nestlé erwartungsgemäß das Rechtsmittel zum EuGH ein. Doch nicht nur der Kit-Kat-Hersteller wehrte sich gegen das Urteil des EuG. Auch Mondelez ging dagegen vor, weil man mit der Feststellung, die Riegel würden in einem Großteil der EU mit Nestlés Kit Kat assoziiert, nicht stehen lassen wollte.
Dazu hatte Generalanwalt Wathelet indes eine klare Ansicht: Nur wer beschwert sei, dürfe Rechtsmittel einlegen. Mondelez hingegen habe mit der Stattgabe seiner Klage durch das EuG sein Ziel erreicht und könne somit nicht dagegen vorgehen.
Bekanntheit nur in einigen Mitgliedstaaten reicht nicht aus
Was die Nichtigerklärung des Markenschutzes angeht, stimmte er allerdings der EuG-Entscheidung zu. Der bloße Nachweis für eine ausreichende Wahrnehmung der Marke in einem großen Teil des EU-Verbrauchermarktes sei nicht ausreichend, um eine Eintragung zu begründen. Vielmehr hätte auch für die vier übrigen Staaten geprüft werden müssen, wie bekannt Kit Kat dort sei. Da man dies nicht getan habe, habe das EuG die Löschung veranlassen dürfen.
Zwar müssen Hersteller, die eine Marke EU-weit schützen lassen wollen, auch nach Ansicht von Wathelet keine Marktforschung in jedem einzelnen Mitgliedstaat durchführen. Ganze Regionen von einer gewissen Bedeutung könne man aber nicht ignorieren. Schließlich bedeute das Vorhandensein eines einheitlichen Marktes innerhalb der Union nicht, dass es keine nationalen oder regionalen Märkte gebe.
Zwar könnte in seinen Augen der fehlende Nachweis für einige Staaten dadurch ausgeglichen ("extrapoliert") werden, dass die Erhebungen aus dem Rest der Union den Schluss zulassen, dass auch in den übrigen Märkten die Marke ausreichend verbreitet sei. Doch auch das sah der Generalanwalt in diesem Fall nicht als gegeben an.
Sollte der EuGH, wie er es häufig tut, dem Vorschlag des Generalanwalts folgen, wäre der Markenschutz für die Kit-Kat-Riegel damit passé.
mam/LTO-Redaktion
EuGH-Generalanwalt spricht sich für Löschung aus: . In: Legal Tribune Online, 19.04.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/28159 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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