Wenn höhere Bezugspreise für Erdgas lediglich an die Kunden weitergereicht werden, kann eine Tariferhöhung auch ohne persönliche Kundenmitteilung wirksam sein. Dies hat der EuGH in einem Fall der Stadtwerke Neuwied entschieden.
Gasversorger dürfen ihre Preise ohne vorherige persönliche Information der Endkunden erhöhen - allerdings müssen dafür bestimmte Bedingungen erfüllt sein, wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag entschied (Urt. v. 02.04.2020, Az.C-765/18).
Die obersten EU-Richter in Luxemburg hatten mit einem Fall aus Neuwied zu tun: Die dortigen Stadtwerke hatten von einem Gaskunden die Zahlung von Rückständen aus den Jahren 2005 bis 2007 verlangt. Das Unternehmen hatte Preiserhöhungen zwar auf seiner Webseite und in der lokalen Presse angekündigt, den Kunden aber nicht persönlich informiert. Dieser hielt die Erhöhung für unwirksam, weil der Energieversorger sie ihm nicht persönlich mitgeteilt habe.
Auf Antrag des Landgerichts (LG) Koblenz prüfte der EuGH nun, ob dieses Vorgehen der Stadtwerke mit der Erdgasbinnenmarktrichtlinie der EU vereinbar ist. Der EuGH stellte dazu fest, dass die Preiserhöhungen im vorliegenden Fall nur dazu dienten, höhere Bezugspreise für das Erdgas an die Endverbraucher weiterzureichen.
EuGH erkennt Beeinträchtigung des Verbraucherschutzes
Der EuGH urteilte, dass Preiserhöhungen zur Weitergabe höherer Bezugskosten - also ohne höheren Gewinn für den Versorger - auch ohne direkte Mitteilung an die einzelnen Endverbraucher rechtens sind. Die Gültigkeit einer solchen Tariferhöhung darf laut EuGH dabei nicht von der persönlichen Information der Kunden abhängen, da der Versorger die Versorgungssicherheit seiner Kunden zu gewährleisten habe. Andernfalls könnte, so der EuGH, das vom Gasversorger getragene wirtschaftliche Risiko sowohl das von der Richtline verfolgte Ziel der Versorgungssicherheit in Frage stellen als auch die wirtschaftlichen Interessen dieses Versorgers unverhältnismäßig beeinträchtigen.
Da das Unterbleiben einer persönlichen Mitteilung in einer solchen Situation gleichwohl eine Beeinträchtigung des Verbraucherschutzes darstelle, sei Voraussetzung, dass die Kunden den Vertrag jederzeit kündigen können. Zudem müssen ihnen laut Urteil "angemessene Rechtsbehelfe" offenstehen, sich einen möglichen Schaden ersetzen zu lassen, der ihnen gegebenenfalls entstanden ist, weil sie nicht persönlich informiert wurden.
Ob das im betreffenden Fall zutrifft, muss nun das LG Koblenz überprüfen und entscheiden.
acr/LTO-Redaktion
mit Materialien der dpa
EuGH zum Gaspreis: . In: Legal Tribune Online, 02.04.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41193 (abgerufen am: 21.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag