Eheleute müssen innerhalb der EU zusammen leben dürfen, wenn einer von ihnen EU-Bürger ist, entschied der EuGH. Dabei bestimmte er auch, auf welcher Rechtsgrundlage er zu diesem Ergebnis kommt.
Die Europäische Union gewährt Freizügigkeit: Die Bürger dürfen dort arbeiten oder hier leben und können nach den Rechtsgrundlagen der einzelnen Mitgliedsstaaten eine neue oder zweite Staatsangehörigkeit annehmen. Rechtlich ein wenig komplizierter ist es, wenn die Europäer Ehegatten haben, die Nicht-EU-Bürger sind. Dazu stellte nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) klar: Dort, wo ein EU-Bürger ein Aufenthaltsrecht hat, muss auch sein Ehepartner eines haben (Urt. v. 14.11.2017, Az. C-165/16). Der EuGH folgte in seiner Entscheidung den Schlussanträgen von Generalanwalt Yves Bot.
Geklagt hatte ein Algerier. Er hatte eine gebürtige Spanierin geehelicht, die schon vor dieser Heirat lange in Großbritannien gelebt, gearbeitet und neben ihrer spanischen auch die britische Staatsangehörigkeit erworben hatte. Der Algerier war mit einem auf sechs Monate befristeten Besuchervisum in das Vereinigte Königreich eingereist und war nach Ablauf dieses Zeitraumes rechtswidrig geblieben. Nach der Eheschließung beantragte der Mann eine Aufenthaltskarte als Familienangehöriger einer Staatsangehörigen des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR).
Nicht über die Freizügigkeit
Auf dieser Grundlage entsprechend der Richtlinie 2004/38/EG könne er allerdings keinen Anspruch auf Aufenthaltsstatus begründen, stellte die Große Kammer des EuGH nun klar. Diese gelte nur für EU-Bürger bei ihrem Aufenthalt in einem der Mitgliedstaaten. Ehepartner könnten daraus so lange Rechte ableiten, wie die Richtlinie Anwendung finde. Das sei allerdings nicht mehr der Fall, wenn ein EU-Bürger eine zusätzliche Staatsangehörigkeit erwerbe, wie es hier bei der gebürtigen Spanierin der Fall war. Denn in dem Moment ist die Richtlinie über die Freizügigkeit nicht mehr anwendbar, weil eigene originäre Rechte aus der Staatsbürgerschaft an deren Stelle treten.
Damit war es allerdings nur noch die Frage nach der passenden Rechtsgrundlage. Denn wenn schon EU-Bürger über die Freizügigkeitsrichtlinie Rechte für ihre Angehörigen ableiten könnten, so müsse dies erst recht gelten, wenn die Bürger eine weitere Staatsangehörigkeit annähmen, entschieden die Luxemburger. Sonst liefe ihr Recht auf Zusammenleben mit ihren Angehörigen ins Leere.
Das Aufenthaltsrecht des Mannes ergebe sich in derartigen Fällen also aus einem abgeleiteten Recht aus Art. 21 Abs. 1 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Bei dieser Norm, so der EuGH weiter, gehe es um die Integration im Aufnahmemitgliedstaat. Dieser Idee liefe es zuwider, wenn es bei einer Einbürgerung plötzlich kein abgeleitetes Recht für die Angehörigen mehr gebe, obwohl sich der EU-Bürger mit der zweiten Staatsangehörigkeit stärker in diesen Mitgliedstaat integrieren wollte.
Tanja Podolski, EuGH zu Aufenthaltsrecht von Familienangehörigen: . In: Legal Tribune Online, 14.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25513 (abgerufen am: 21.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag