EuG schränkt Informationsanspruch ein: Vermutete Geheimnisse

13.05.2015

Natürliche und juristische Personen eines Mitgliedsstaats haben nach dem AEUV das Recht auf Zugang zu Dokumenten der Unionsorgane. Dieser Grundsatz gilt nach wie vor, kann aber in bestimmten Fällen durch eine Generalvermutung eingeschränkt werden, wonach die Öffentlichkeit von manchen Dingen besser nichts erfahren soll. Das entschied das EuG am Dienstag.

Mit seinem Urteil vom Dienstag stellt das Gericht der Europäischen Union (EuG) fest, dass der Schriftwechsel zwischen der EU-Kommission und einer nationalen Wettbewerbsbehörde im Rahmen eines Verfahrens wegen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln grundsätzlich nicht der Öffentlichkeit zugänglich ist (Urt. v. 12.05.2015, Az. T-623/13).

Den Ausgangspunkt für den Streit lieferte die EU-Kommission. Ein spanischer Berufsverband verlangte von ihr die Herausgabe aller Dokumente über den Schriftverkehr zwischen ihr und einer spanischen Wettbewerbsbehörde über zwei innerstaatliche Verfahren. Diese hatten das Ziel, Informationen und Beweise zur Bekämpfung abgestimmter Verhaltensweisen zu sammeln, die den Wettbewerb auf dem EU-Binnenmarkt verfälschen könnten.

Die Kommission reagierte auf die Anfrage, indem sie Zugang zu Teilen der Dokumente gewährte. Davon nicht umfasst waren die Beschlussentwürfe der spanischen Behörde betreffend die beiden innerstaatlichen Verfahren und die englischen Zusammenfassungen. Die Kommission begründete die Teilherausgabe mit der Vermutung, dass nach der Offenlegung von prägnanten Dokumenten wie diesen der Schutz der geschäftlichen Interessen der betroffenen Unternehmen und der Zweck der Untersuchungstätigkeiten beeinträchtigt würden.

Interessenabwägung nach Generalvermutung legitim

Diese Generalvermutung, die insbesondere im Bereich der Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen besteht, kann nach Ansicht der Kommission analog auf andere von Unionsbürgern angefragte Dokumente angewandt werden. Der spanische Berufsverband hatte hingegen die Nichtigerklärung der Kommissionsentscheidung gefordert, wegen der generellen Vermutung nur Teile der angeforderten Dokumente herauszugeben.

Nach Auffassung der Richter war die Interessenabwägung der Kommission auf Basis der Generalvermutung rechtmäßig. Auch wenn die Verfahren schon abgeschlossen sind, gelte die Vermutung weiterhin, da der Zugang der Öffentlichkeit zu sensiblen Informationen die wirtschaftlichen Interessen der Unternehmen auch im Nachhinein negativ beeinflussen könne. Außerdem erschwere die Preisgabe solcher Informationen die Zusammenarbeit mit den eingebundenen Unternehmen für die Zukunft. Letztlich impliziere die Natur dieser Art des Informationsaustauschs zwischen den Behörden, dass die ausgetauschten Informationen vertraulich bleiben sollen.

ms/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EuG schränkt Informationsanspruch ein: . In: Legal Tribune Online, 13.05.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15523 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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