Die EU-Lebensmittelbehörde EFSA muss der Öffentlichkeit Zugang zu Studien über das Pflanzenschutzmittel Glyphosat gewähren. Eine Verweigerung mit der Begründung, die finanziellen Interessen der Unternehmen seien gefährdet, ließ das EuG nicht zu.
Das Gericht der Europäischen Union (EuG) hat die Entscheidungen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), mit denen der Zugang zu Studien über die Toxizität und die krebserregende Wirkung des Pflanzenschutzmittels Glyphosat verweigert wurde, für nichtig erklärt (Urt. v. 07.03.2019, Az. T-716/14 und T-329/17). Die Studien über das Krebsrisiko des Unkrautvernichters müssen demnach öffentlich gemacht werden.
Glyphosat war 2017 in der EU nach monatelangem Streit für weitere fünf Jahre zugelassen worden. Die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation stufte Glyphosat im März 2015 als "wahrscheinlich krebserregend" für den Menschen ein. Die Lebensmittelbehörde EFSA kam in einem Peer-Review im November 2015 aber zu dem Ergebnis, dass Glyphosat "wahrscheinlich nicht" krebserregend sei. Gegen das Mittel hatte es vor allem in Deutschland heftige Proteste gegeben.
Unter anderem vier grüne Europaparlamentarier hatten nun dagegen geklagt, dass EFSA ihnen den Zugang zu verschiedenen Toxizitätsstudien verwehrt hatte. Dabei ging es zum einen um zwei "Schlüsselstudien" zur Bestimmung der zulässigen täglichen Aufnahme von Glyphosat. Die EFSA wollte dort insbesondere die Teile "Material, Versuchsbedingungen und Methoden" und "Ergebnisse und Analyse" der nicht veröffentlichen Studie geheim halten.
Öffentlichkeit muss auch Folgen verstehen können
Die EFSA hatte die Entscheidung, den Parlamentariern keinen Zugang zur Studie zu gewähren, unter anderem damit begründet, dass kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung der Studie bestehe. Nach Auffassung der EFSA beträfen die Studien keine Informationen über "die Emissionen in die Umwelt" im Sinne der Århus-Verordnung. Die Verordnung regelt den Zugang zu Informationen in Umweltangelegenheiten. Zudem könne die Veröffentlichung die finanziellen Interessen der Unternehmen beeinträchtigen, die die Studienberichte vorgelegt hätten.
Das EuG hielt von dieser Begründung nicht besonders viel. Die Studien enthielten sehr wohl Informationen im Sinne der Århus-Verordnung. Der Schutz der geschäftlichen Interessen könne dem Interesse der Öffentlichkeit an solchen Informationen nicht entgegengehalten werden.
Bei Glyphosat handele es sich um eines der gängigsten Herbizide in der Union. "Die Emissionen von Glyphosat in die Umwelt sind daher real", so das EuG in einer Mitteilung. Rückstände davon finden sich laut EuG unter anderem in Pflanzen, im Wasser und in Lebensmitteln. Bei den angefragten Studien ginge es um den Nachweis der krebserregenden Wirkung oder Toxizität eines tatsächlich in der Umwelt vorhandenen Wirkstoffs. Die EFSA könne deshalb nicht geltend machen, dass sich die Studien weder auf reale Emissionen noch auf die Wirkungen realer Emissionen bezögen, entschied das Gericht.
Die EFSA vertrat darüber hinaus den Standpunkt, dass ein Bezug zu den Emissionen in die Umwelt nicht ausreiche, damit diese Studien von der Århus-Verordnung erfasst würden. Auch dieses Argument ließ das EuG nicht gelten. Die Öffentlichkeit müsse nicht nur Zugang zu den Informationen über Emissionen als solche haben, sondern auch über die mehr oder weniger langfristigen Folgen dieser Emissionen. Das Informationsinteresse bestehe gerade darin, nicht nur zu wissen, was in die Umwelt freigesetzt wird, sondern auch zu verstehen, in welcher Weise die Umwelt durch die Emissionen beeinträchtigt werden kann.
acr/LTO-Redaktion
EuG zum Informationsinteresse der Öffentlichkeit: . In: Legal Tribune Online, 07.03.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/34247 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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