Migration, Finanzen und Rundfunk: Bei ihrem Treffen in Leipzig suchten die Ministerpräsidenten nach Lösungen für zentrale Herausforderungen, u.a. der Migration. Doch eines der dringlichsten Themen wurde vertagt.
Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten haben weitere Maßnahmen zur besseren Steuerung der Migration gefordert. In einem Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) in Leipzig plädierten sie in der Asylpolitik unter anderem für die Fortsetzung der Grenzkontrollen und weitere Abschiebungen nach Afghanistan, Syrien und in die Türkei. Bei der von der CDU erhobenen Forderung nach Zurückweisungen an der Grenze erzielten die Regierungschefs bei ihrer Jahreskonferenz in Leipzig dagegen keine Einigung.
Die Regierungschefs hatten seit Mittwoch in Leipzig getagt. Sachsen hat seit dem 1. Oktober den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz inne.
Beschleunigung von Asylverfahren
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sprach von einer "Ministerpräsidentenkonferenz, die in schwierigen Zeiten stattgefunden hat, mit schwierigen Themen und dementsprechend schwierigen Beratungen." Fortschritte bei Themen wie Migration seien nur möglich, "wenn man sich immer wieder auf einen gemeinsamen Kern zurückzieht", betonte Weil.
Man könne vielleicht sagen, die Beschlüsse zur Migration seien nicht der große Durchbruch. Sie seien jedoch weitere Bausteine eines Kurses, der in diesem Jahr dazu geführt habe, dass die Asyl-Zugangszahlen zurückgehen, sagte Weil. Für die Zurückweisungen an der Grenze gelte, dass sie rechtlich nicht möglich seien.
Unterdessen zeigte sich auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) mit den Beschlüssen der MPK zur Migration grundsätzlich zufrieden. "Wichtig bleibt die Aufrechterhaltung der Grenzkontrollen so lange, bis der Schutz der europäischen Außengrenzen funktioniert", sagte er. "Wichtig bleibt auch die Beschleunigung der Asylverfahren und der Rückführung von Personen, die keinen Anspruch auf Schutz haben."
Der Regierungschef wertete es als positiv, dass die Länder eine flächendeckende Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber bestätigt hätten. In Brandenburg seien dafür die Voraussetzungen geschaffen. Mit der Karte soll unter anderem verhindert werden, dass Migranten Geld an Schlepper oder Familie und Freunde im Ausland überweisen. Der Landkreis Märkisch-Oderland war im Mai mit einer eigenen Karte vorgeprescht.
Von Politikern der Union kam zuletzt die Forderung, eine nationale Notlage auszurufen, damit auch Schutzsuchende ohne Einreisesperre an den Grenzen zurückgewiesen werden könnten. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) lehnt das ab und verweist unter anderem auf EU-rechtliche Bedenken. Sie hat angekündigt, mit den Bundesländern, die eine Landgrenze haben, über beschleunigte Verfahren zu sprechen, um bereits in Grenznähe zu prüfen, ob jemand sein Asylverfahren nach den sogenannten Dublin-Regeln eigentlich in einem anderen Staat der Europäischen Union durchlaufen müsste.
Öffentlich-rechtlicher Rundfunk wird reformiert - Beitragsfrage offen
Unterdessen wurde beim heiklen Thema der Erhöhung des Rundfunkbeitrags eine Entscheidung vertagt. Allerdings einigten sich die Regierungschefs auf eine tiefgreifende Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks - mit weitreichenden Folgen für die Fernseh- und Hörfunkangebote.
Auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk kommen große Veränderungen zu. Ziel der Reformpläne ist es, effizientere Strukturen zu schaffen und Kosten einzusparen. Die Zahl der Radioprogramme in der ARD soll von 70 auf 53 sinken. Ebenso sollen kleinere TV-Sender wegfallen. "Wir stehen zu dieser wichtigen Institution", sagte Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU). "Aber die Menschen haben zu Recht die Erwartung, dass Reformen stattfinden." Die Landtage müssen der Reform noch zustimmen.
Die Entscheidung zum Rundfunkbeitrag haben die Ministerpräsidenten dagegen vertagt. Im Dezember soll es weitere Beratungen geben. Aktuell beträgt der Beitrag 18,36 Euro monatlich. Eine Kommission hat eine Erhöhung um 58 Cent ab 2025 vorgeschlagen. Mehrere Länder waren jedoch vehement gegen diese Steigerung. Die offene Frage des künftigen Rundfunkbeitrags könnte vor dem Bundesverfassungsgericht landen, wenn ARD, ZDF und Deutschlandradio klagen.
Die Beratungen zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk wurden von Protesten begleitet. Am Donnerstag demonstrierten Musikerinnen und Musiker am Tagungsort in Leipzig vor allem gegen die geplante Zusammenlegung der Fernsehsender 3sat und Arte. Am Freitag stellte die Kampagnenorganisation Campact das Bild eines überdimensionalen Fernsehers ohne Signalempfang auf.
ZDF-Intentand Dr. Norbert Himmler nahm kritisch Stellung zu den Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz:
“Eines ist jetzt schon klar: uns stehen weniger Ausspielwege zur Verfügung für die Zukunft. Und die Möglichkeiten, junge Menschen insbesondere mit Online-Informationen zu versorgen, werden eingeschränkt. Und - für uns besonders problematisch - die zukünftige Finanzierung ist noch überhaupt nicht geklärt. Das sind drei schwierige Botschaften in einer Zeit, in der ich fest davon überzeugt bin, dass wir einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk brauchen”, so der ZDF-Intendant.”
Verlängerung des Digitalpakts an Schulen gefordert
Die Regierungschefs der Länder fordern eine Verlängerung des Digitalpakts für Schulen. Mit der laufenden Vereinbarung seien von 2019 bis 2024 erhebliche Fortschritte bei der Digitalisierung der Bildungslandschaft erzielt worden. Diese positive Entwicklung müsse "kontinuierlich und nahtlos weiterverfolgt werden". Der Bund müsse von 2025 bis 2030 mindestens 1,3 Milliarden Euro jährlich zur Weiterführung des Digitalpakts zur Verfügung stellen. Das Geld müsse in einem «bürokratiearmen Verfahren» an die Länder verteilt werden.
Mit Sorgen schauen die Ministerpräsidenten auf die Lage der rund 11.000 Städte, Gemeinden und Landkreise. Für dieses Jahr werde für die kommunale Ebene ein finanzielles Rekorddefizit von 13,2 Milliarden Euro vorhergesagt. Die Ausgaben für Sozialleistungen hätten sich seit 2005 verdoppelt, auch die hohen Flüchtlingszahlen belasteten die Kommunen stark, hieß es.
Die Bundesebene müsse beim Erlass von Gesetzen die Lage in den Kommunen stärker in den Blick nehmen und die finanziellen und personellen Auswirkungen genauer analysieren, forderten die Regierungschefs. Gesetze dürften auch nicht mehr wie zuletzt häufig im Schnellverfahren entstehen. Aufgaben, die vom Bund an die Kommunen übertragen werden, müssten "stets mit einer vollständigen und dauerhaften Kompensation" der damit verbundenen Mehrbelastungen einhergehen.
Inklusion soll verbessert werden
Weiter fassten die Ministerpräsidenten nach einem Treffen mit den Behindertenbeauftragten auch einen Beschluss zum Thema Inklusion. Demnach wollen sie sich für die «die selbstbestimmte, gleichberechtigte und wirksame Teilhabe» von Menschen mit Behinderung einsetzen. Die Bundesregierung wurde aufgefordert, alle Hindernisse für behinderte Menschen beim Zugang zu den Leistungen der Pflegeversicherung zu beseitigen.
hs/dpa/LTO-Redaktion
Ergebnisse der Ministerpräsidentenkonferenz: . In: Legal Tribune Online, 25.10.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55720 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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