Was tun mit gefährlichen Straftätern, deren Haft zu Ende ist? In Deutschland kann in bestimmten Fällen Sicherungsverwahrung angeordnet werden. Früher gab es für das deutsche Konzept viel Kritik vom EGMR. Doch das hat sich geändert.
Das deutsche System zur Sicherungsverwahrung gefährlicher Straftäter hat sich erneut vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bewährt. Ein verurteilter Mörder aus Deutschland, der durch seine Sicherungsverwahrung seine Menschenrechte verletzt sah, scheiterte am Dienstag endgültig vor der Großen Kammer des Straßburger Gericht (Beschwerdenummern 10211/12 und 27505/14).
Der Beschwerdeführer hatte 1997 im Alter von 19 Jahren in Niederbayern eine Joggerin ermordet. Seit dem Ende seiner Jugendhaft im Jahr 2008 sitzt er in Sicherungsverwahrung, aktuell im bayerischen Straubing.
Die deutschen Gerichte hätten mittels Expertengutachten hinreichend dargelegt, dass der Mann an sexuellem Sadismus leide und in Freiheit weitere Straftaten begehen könnte, argumentierte der EGMR. Seine Sicherungsverwahrung sei daher nicht willkürlich gewesen und habe nicht gegen das Recht auf Freiheit verstoßen. Außerdem unterstrichen die Richter, dass die Unterbringung des Mannes vor allem darauf abgezielt habe, seine psychische Störung zu behandeln. Seine Sicherungsverwahrung sei daher nicht als Strafe anzusehen - damit sei auch der Grundsatz "Keine Strafe ohne Gesetz" nicht verletzt worden.
EGMR prüft Fall zum zweiten Mal
Das deutsche System zur Sicherungsverwahrung war im Jahr 2013 angepasst worden. Zuvor erachtete der EGMR die nachträgliche Sicherungsverwahrung in einer Grundsatzentscheidung für rechtswidrig, da sie eine Strafe im Sinne des Art. 7 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) darstelle und somit gegen das Rückwirkungsverbot verstoße. Daraufhin erklärte auch das Bundesverfassungsgericht sie für rechtswidrig. Zuletzt hatte sich das Straßburger Gericht mit der Neugestaltung aber wiederholt zufrieden gegeben.
Der Fall erfuhr nun die zweite Prüfung durch den Gerichtshof, der im Februar 2017 bereits in der Sache gegen den Beschwerdeführer entschieden hat. Die Kammer befand, dass keine Verletzung seiner Rechte aus Art. 5 oder Art. 7 der EMRK vorliege. Gemäß Art. 43 Abs. 1 EMRK können die Parteien nach einem Urteil der Kammer des EGMR die Verweisung an die Große Kammer beantragen. Von dieser Möglichkeit machte der Mann aus Bayern Gebrauch.
Das bayerische Justizministerium begrüßte das Urteil. Damit sei Rechtssicherheit hergestellt worden. Der Gerichtshof habe bestätigt, dass das in der Straubinger Einrichtung verfolgte Therapiekonzept für eine Behandlung des Beschwerdeführers geeignet sei. "Damit können in Bayern auch künftig zum Schutz der Allgemeinheit gefährliche Straftäter unter höchsten Sicherheitsmaßnahmen therapiert und untergebracht werden."
dpa/acr/LTO-Redaktion
EGMR zur Sicherungsverwahrung: . In: Legal Tribune Online, 04.12.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32531 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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