Nächster Schritt auf Claudia Pechsteins nun fast ein Jahrzehnt währendem Weg durch die Instanzen: Der EGMR entscheidet am Dienstag in ihrem Rechtsstreit gegen den Sportgerichtshof CAS. Ein Fußballer steht dabei an ihrer Seite.
Claudia Pechstein verlebte ein entspanntes Wochenende. In Innsbruck verfolgte die Eisschnellläuferin die Weltmeisterschaften der Radsportler. "Tolle Werbung für tollen Sport", schrieb sie im Netzwerk Facebook. An kommenden Dienstag wird es ernster für die 46 Jahre alte Berlinerin. In ihrem Rechtsstreit um die Rolle des Internationalen Sportgerichtshofs CAS wird ein wegweisender Richterspruch erwartet, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) will eine Entscheidung verkünden. Die fünfmalige Olympiasiegerin beklagt vor den Straßburger Richtern, dass der CAS weder unabhängig noch unparteiisch sei.
Es ist eine weitere Station auf Pechsteins bald ein Jahrzehnt währendem Weg durch die Instanzen. Die Eisschnellläuferin hatte sich 2009 vor dem CAS in Lausanne gegen eine zweijährige Sperre wegen auffälliger Blutwerte gewehrt, das Sportgericht bestätigte die Sperre jedoch. Pechstein sieht deshalb ihr Recht auf ein faires Verfahren verletzt. Sie begründet den Vorwurf unter anderem mit der Art und Weise, wie die Richter des CAS ernannt werden. Außerdem sei ihr entgegen ihrem ausdrücklichen Wunsch keine öffentliche Anhörung gewährt worden.
Pechstein behauptet, nie gedopt zu haben, und fordert Schadensersatz für erlittenes Unrecht. Der BGH hat ihre Klage 2016 als unzulässig abgewiesen, die Einrede der Schiedsvereinbarung stehe ihr entgegen. Über ihre wiederum dagegen beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eingereichte Beschwerde ist noch nichts Neues bekannt. Experten bescheinigen Pechstein eine geerbte Blutanomalie als Grund für ihre schwankenden Blutwerte.
Streitfrage: Wie unabhängig ist der CAS?
Immer wieder gibt es Kritik am CAS. Einer der Hauptvorwürfe lautet, es handele sich nicht um ein unabhängiges Schiedsgericht, weil die Institution durch Sportverbände finanziert werde. Mitte diesen Septembers war das Thema erneut hochgekocht: Ein belgisches Gericht hatte entschieden, dass die gesetzliche Verpflichtung, Streitigkeiten zwischen Spielern, Vereinen und Verbänden vor dem CAS zu regeln, rechtswidrig sei. Ausgangspunkt war eine Klage des Fußball-Clubs FC Seraing.
Vor dem EGMR wendet sich Pechstein gegen die Schweiz, wo der CAS sitzt. In sportpolitischen Fragen hat sich der EGMR bereits zu Wort gemeldet. So stärkte er beispielsweise im Januar das bestehende Doping-Kontrollsystem: Doping-Fahnder dürfen nach Ansicht der Straßburger Richter Profisportler verpflichten, Monate im Voraus Angaben zu ihren Aufenthaltsorten zu machen.
Pechstein steht am Dienstag nicht allein im Kampf gegen den CAS. Auch der ehemalige rumänische Fußball-Nationalspieler Adrian Mutu zweifelt die Rechtmäßigkeit des Gerichts an. Mutu war 2003 für die damals außergewöhnlich hohe Ablösezahlung von 26 Millionen Euro vom italienischen Club AC Parma zum FC Chelsea gewechselt. Der Rumäne war zuvor positiv auf Kokain getestet und dann für sieben Monate gesperrt worden, Chelsea entließ den Torjäger daraufhin. Im Zuge dieses Vorgangs war Mutu von der FIFA zu einer Strafe von 17,2 Millionen Euro verurteilt worden. Dagegen hatte Mutu erfolglos Berufung beim CAS eingelegt.
dpa/mgö/LTO-Redaktion
Im Streit mit dem Sportgerichtshof: . In: Legal Tribune Online, 01.10.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/31245 (abgerufen am: 04.11.2024 )
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