Abtreibungen mit Holocaust verglichen und Ärzte belästigt: Abt­rei­bungs­gegner schei­tert vorm EGMR

20.09.2018

Der Abtreibungsgegner Klaus Günter Annen vergleicht Abtreibungen mit Mord und dem Holocaust, bedrängt Ärzte und stellt sie auf seiner Website an den Pranger. Deutsche Gerichte verurteilten ihn zur Unterlassung. Zu Recht, so der EGMR.

Der radikale Abtreibungsgegner Klaus Günter Annen ist mit mehreren Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gescheitert. Deutsche Gerichte hätten dem Mann zurecht in mehreren Fällen verboten, Abtreibungen als Mord zu bezeichnen und mit dem Holocaust zu vergleichen, urteilten die Straßburger Richter am Donnerstag (Beschwerdenummer 3682/10 und andere).

Mehrere Ärzte hatten einstweilige Verfügungen gegen Annen erwirkt, weil dieser den Medizinern unter anderem die Durchführung "rechtswidriger Abtreibungen" und Mord vorwarf. Annen betreibt dazu die Seite babycaust.de, auf der eine Liste von namentlich genannten "Abtreibungsärzten" zu finden ist. Darüber hinaus spricht er Patientinnen vor den Praxen der Ärzte an, protestiert dort und verteilt Flyer, in denen sich unter Anderem Sätze wie "Die Ermordung der Menschen in Auschwitz war rechtswidrig, aber der moralisch verkommene NS-Staat hatte den Mord an den unschuldigen Menschen erlaubt und nicht unter Strafe gestellt" finden.

Auf seiner Webseite finden sich weitere Sätze wie "Pervertierte Ärzte ermorden im Auftrag der Mütter die ungeborenen Kinder", "Beten Sie – wenn möglich regelmäßig – für die Mediziner ..., welche den MORD der Abtreibungstötung selbst vornehmen" und " [Die Ärzte] ... ermöglichen und begünstigen einen straffreien Kindermord im Mutterschoβ." In allen Fällen erließen die deutschen Gerichte einstweilige Verfügungen gegen Annen.

EGMR entschied vor drei Jahren anders

Vor dem EGMR rügte er eine Verletzung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung aus Art. 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Dieses Recht sei zwar durch die einstweiligen Verfügungen eingeschränkt worden. Aber das war den Richtern zufolge gerechtfertigt: Die drastischen Aussagen des Aktivisten im Zusammenhang mit einzelnen Ärzten hätten als persönliche Angriffe verstanden werden können. Damit hätte er Hass und Aggression auf die Mediziner auslösen können. Zudem habe er durch die "Gehsteigberatung" das Arzt-Patienten-Verhältnis belastet. Laut dem Straßburger Urteil haben die deutschen Gerichte die Rechte der Ärzte und die des Abtreibungsgegners richtig gegeneinander abgewogen.

acr/LTO-Redaktion

mit Materialien der dpa

Zitiervorschlag

Abtreibungen mit Holocaust verglichen und Ärzte belästigt: . In: Legal Tribune Online, 20.09.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/31045 (abgerufen am: 04.11.2024 )

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