Der frühere Liebhaber einer verheirateten Frau hat kein Recht darauf zu erfahren, ob er der Vater eines ihrer Kinder ist. Vorrang habe das Wohl des Kindes, das durch ein Zerwürfnis der Familie beeinträchtigt werden könne, urteilte der EGMR.
Der ehemalige Sexualpartner einer mit einem anderen Mann verheirateten Frau hat keinen Anspruch darauf, per Vaterschaftstest darüber Gewissheit zu erlangen, ob er der Vater eines ihrer Kinder ist. Dies entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am Donnerstag in Straßburg (Urt.v. 26.07.2018, Az. 16112/15). Das Gericht räumte dem Wohl des Kindes den Vorrang gegenüber dem Informationsinteresse des Mannes ein. Das Kindeswohl würde gefährdet, wenn die Familie aufgrund des Testergebnisses zerbrechen würde, befand der EGMR.
Der Mann, ein deutscher Staatsbürger aus der schleswig-holsteinischen Gemeinde Köthel, hatte im Jahr 2004 eine Beziehung mit der verheirateten sechsfachen Mutter begonnen. Sie endete, kurz nachdem die Frau im Oktober 2006 ein weiteres Kind geboren hatte. Die Frau und ihr Ehemann verweigerten dem Beschwerdeführer den Kontakt zu dem Mädchen.
Der Mann wehrte sich vor deutschen Gerichten dagegen, scheiterte aber und konnte keinen Vaterschaftstest durchsetzen. Deshalb sah er sein Recht auf Achtung des Familienlebens aus Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention als verletzt an und beschwerte sich in Straßburg.
Der Gerichtshof entsprach dem Begehren aber nicht, die deutschen Richtern hätten bei ihren Entscheidungen das Wohl des Kindes richtiger Weise ins Zentrum gerückt: Wäre die Vaterschaft des Mannes festgestellt worden, wäre womöglich die Familie des Mädchens zerbrochen. Diese Argumentation der deutschen Gerichte überzeugte in Straßburg, Deutschland muss dem Beschwerdeführer daher keine Entschädigung zahlen. Das Urteil kann innerhalb von drei Monaten angefochten werden.
hs/dpa/LTO-Redaktion
EGMR zum Kindeswohl: . In: Legal Tribune Online, 26.07.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/29997 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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