Wird Donald Trump im Januar der erste strafrechtlich verurteilte US-Präsident? Wie es im Prozess um Schweigegeldzahlungen weitergeht, ist weiter offen. Die Staatsanwaltschaft will am Schuldspruch festhalten, das Verfahren aber aussetzen.
Im Schweigegeld-Prozess gegen den designierten US-Präsidenten Donald Trump will die Staatsanwaltschaft an einer Verurteilung des 78-Jährigen festhalten. Zugleich zeigte sich Bezirksstaatsanwalt Alvin Bragg aber offen dafür, die eigentlich für kommende Woche geplante Strafmaßverkündung auf Jahre zu verschieben – bis nach dem Ende der zweiten vierjährigen Amtszeit des Republikaners. Eigentlich hätte es am Dienstag eine Entscheidung über die Immunität von Donald Trump in diesem Verfahren geben sollen.
Der US Supreme Court hatte Anfang Juli mit seiner republikanischen Richter-Mehrheit entschieden, dass Trump für gewisse Amtshandlungen Immunität genießt. Dieses historische Grundsatzurteil, über das LTO berichtete, wollen die Anwälte des Republikaners nutzen, um das Urteil im Schweigegeld-Prozess doch noch zu kippen. Als Präsident muss Trump zudem handlungsfähig sein, was durch eine Strafe in dem Fall behindert werden könnte.
In allen Anklagepunkten schuldig gesprochen
Geschworene in New York hatten Trump Ende Mai in allen 34 Anklagepunkten für schuldig befunden. In dem Prozess ging es um die illegale Verschleierung von 130.000 US-Dollar Schweigegeldzahlungen an eine Pornodarstellerin, um sich Vorteile im Wahlkampf 2016 zu verschaffen. Es drohen ihm im schlimmsten Fall mehrere Jahre Haft - dies wird jedoch auch mit Blick auf die bevorstehende Präsidentschaft als unwahrscheinlich gesehen.
Staatsanwalt Bragg argumentierte dazu in einem Schriftsatz an das Gericht, kein Gesetz besage, dass die strafrechtliche Immunität eines Präsidenten sich auf ein Verfahren auswirke, während dem der Angeklagte noch keine Immunität innehatte. Zudem handle es sich bei dem verurteilten Verhalten Trumps um Straftaten, die noch vor dessen erster Amtszeit als Präsident lagen und damit ebenfalls keinen besonderen rechtlichen Schutz genossen.
Zu einer möglichen Verschiebung schrieb Bragg: "Angesichts der Notwendigkeit, konkurrierende verfassungsrechtliche Interessen" abzuwägen, müsse unter anderem eine Verschiebung aller weiteren Handlungen "bis nach dem Ende der bevorstehenden Amtszeit des Angeklagten" in Betracht gezogen werden. Das heißt konkret: Das Verfahren könnte bis 2029 ausgesetzt werden. Ob danach gegen den dann 82-jährigen zweimaligen US-Präsidenten noch ein Strafmaß verkündet wird? Offen.
Die Immunitätsfrage: Schweigegeldzahlung als Amtshandlung?
Die Entscheidung des Richters Juan Merchan über das weitere Vorgehen steht noch aus. Auch der Zeitpunkt des Beschlusses ist noch unklar. Bleibt es bei dem Schuldspruch, dürfte Trump schon in wenigen Wochen der erste strafrechtlich verurteilte amtierende US-Präsident sein. Folgt er dem Vorschlag der Staatsanwaltschaft, wird das Urteil samt Strafhöhe erst nach Ende von Trumps zweiter und letzter Amtszeit verkündet, also frühestens Ende Januar 2029.
Auch denkbar ist, dass er im Sinne der Verteidigung entscheidet und eine Immunität Trumps für die Tat bejaht.
Im LTO-Interview hatte der US-amerikanische Rechtsprofessor Russel Miller im vergangenen Sommer gesagt, dass Trump in dem Schweigegeld-Verfahren wahrscheinlich keine Immunität genieße. Auch Dr. Philippe Matthew Roy, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für US-Recht an der Universität Köln, bezweifelte dies kürzlich ebenso im Gespräch mit LTO. Kernpunkt der Argumentation ist, ob die Schweigegeldzahlungen als Amtshandlungen im Sinne der Rechtsprechung des Supreme Courts zu qualifizieren sind.
dpa/jb/LTO-Redaktion
Einstellung oder Aussetzung bis 2029?: . In: Legal Tribune Online, 20.11.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55908 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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