Er rettete sich selbst, obwohl an Bord der havarierten Costa Concordia noch Tausende Menschen festsaßen. Nun klagt der inhaftierte Ex-Kapitän des havarierten Kreuzfahrtschiffs vor dem EGMR. Er sieht sich als Sündenbock für ein Systemversagen.
Francesco Schettino wehrt sich vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gegen seine Verurteilung. Das entsprechende Beschwerdeformular sei bereits am 12. Januar bei dem Straßburger Gericht eingegangen, sagte eine Gerichtssprecherin der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag. Wogegen sich Schettinos Beschwerde genau richtet und welche Menschenrechtsverletzungen er geltend machen will, sagte sie zunächst nicht.
Der Italiener verbüßt derzeit eine 16-jährige Haftstrafe, unter anderem wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung, fahrlässigen Herbeiführens eines Schiffsbruchs und Zurücklassens minderjähriger oder hilfsbedürftiger Personen. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass er die Verantwortung dafür trägt, dass das Kreuzfahrtschiff Costa Concordia in der Nacht des 13. Januar 2012 auf einen Felsen auflief und vor der Insel Giglio kenterte. Schettino war durch mehrere Instanzen gezogen, aber das Berufungsgericht in Florenz wie auch das Kassationsgericht in Rom bestätigten das Urteil gegen ihn.
Der heute 57-Jährige hatte den Luxusliner "Costa Concordia" mit mehr als 4.000 Passagieren im Januar 2012 zu nah an eine Insel vor der toskanischen Mittelmeerküste gesteuert. Bei der Katastrophe starben 32 Menschen, darunter 12 Deutsche. Schettino hatte sich selbst gerettet, obwohl noch Tausende Menschen an Bord des verunglückten Schiffs festsaßen. In dem Strafverfahren verteidigte er sich damit, in das Rettungsboot hineingefallen zu sein.
Die Anwälte Schettinos kritisieren, dass eine Medienkampagne gegen ihren Mandanten die Prozesse in Italien beeinflusst habe. Zudem sei er als "Sündenbock" verurteilt worden, obwohl ein ganzes Rettungssystem auf dem Schiff nicht funktioniert habe. Tatsächlich hatten sich andere Crew-Mitglieder sowie der Koordinator der Reederei des Schiffes relativ schnell noch im Jahr 2013 auf eher kurze Haftstrafen geeinigt.
Wann die Straßburger Richter eine Entscheidung treffen, ist nach Angaben der Sprecherin noch völlig unklar. Die Verfahren vor dem Gerichtshof dauern häufig mehrere Jahre. Weil Schettino in Haft sitze, könne sein Fall gemäß den Verfahrensregeln allerdings etwas eiliger behandelt werden.
dpa/pl/LTO-Redaktion
Francesco Schettino zieht vor den EGMR: . In: Legal Tribune Online, 03.04.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/27835 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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