BGH zu versprochenen Versicherungssummen: Clerical Medical muss seine Kunden ausbezahlen

11.07.2012

Deutsche Kunden des britischen Lebensversicherers Clerical Medical konnten einen Erfolg vor dem BGH verbuchen: Wie dieser am Mittwoch entschieden hat, muss das Unternehmen seinen Versicherten die in sogenannten Auszahlungsplänen versprochenen Summen bezahlen. Darüber hinaus können Schadensersatzansprüche der Kunden bestehen.

Den Kunden seien falsche Renditeprognosen mitgeteilt worden. Bereits der Abschluss der Verträge über kreditfinanzierte Lebensversicherungen sei für sie "wirtschaftlich nachteilig" gewesen, so der für das Versicherungsrecht zuständige IV. Zivilsenat. Auch hätte das Unternehmen darüber aufklären müssen, dass es "nach eigenem Ermessen darüber entscheidet, in welcher Höhe eine tatsächlich erzielte Rendite an die Versicherungsnehmer weitergegeben wird und in welcher Höhe sie in Reserven fließt", entschied der Bundesgerichtshof (BGH). Dabei müsse sich das Unternehmen die Erklärungen der Versicherungsvertreter zurechnen lassen (Urt. v. 11.07.2012, Az. IV ZR 122/11). Fünf Fälle wurden wieder zurück an die Vorinstanzen verwiesen, um genauere Feststellungen nachzuholen.

Clerical Medical hatte in Deutschland Lebensversicherungen verkauft, die in ein Anlagemodell eingebunden waren. Als der Wertzuwachs der Anteile nicht ausreichte, reduzierte das Unternehmen unter Berufung auf seine Versicherungsbedingungen den Vertragswert. Dieses Vorgehen sei unzulässig, entschieden die BGH-Richter. Das Unternehmen könne seine Verpflichtungen aus den Auszahlungsplänen nicht beschränken.

Bundesweit sind nach Schätzung des BGH rund 1.000 Gerichtsverfahren gegen Clerical Medical anhängig. Der Mutterkonzern Lloyd's Banking Group hat nach Angaben eines Sprechers Rückstellungen in Höhe von 175 Millionen britischen Pfund (rund 220 Millionen Euro) für die Streitigkeiten gebildet. In einem ersten, eigentlich im Februar in Karlsruhe zu entscheidenden Verfahren hatte der Lebensversicherer sich in letzter Minute geeinigt, da der Einzelfall nicht repräsentativ sei. Auch dieser Rückzug hatte einmal mehr die Diskussion angeheizt, ob nicht der BGH in derartigen Fällen ein eigenes Beschlussrecht bekommen solle, um grundsätzliche Fragen auch dann zu entscheiden, wenn die Parteien wegen Einigung keine Entscheidung mehr wollten.

dpa/plö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BGH zu versprochenen Versicherungssummen: . In: Legal Tribune Online, 11.07.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6594 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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