Das Cannabisgesetz der Ampel hat im Bundestag die nächste Hürde genommen: Der federführende Gesundheitsausschuss stimmte dem Vorhaben zu. Dabei kam es jedoch zu einem Eklat. Ob das Gesetz am 1. April in Kraft treten kann, gilt als offen.
Eigentlich wird Cannabis eine eher besänftigende und entschleunigende Wirkung nachgesagt. Allerdings gilt dies nur für den Konsum und nicht für die Befassung mit dem Thema im parlamentarischen Raum. So kam es im für das umstrittene Cannabisgesetz (CanG) federführenden Gesundheitsausschuss am Mittwoch offenbar zu tumultartigen Szenen, wie Teilnehmer gegenüber LTO berichteten. Auch der Berliner Tagesspiegel greift die Vorfälle auf.
Bevor im Ausschuss das CanG – mit den von LTO bereits vorgestellten Änderungen im Vergleich zum Regierungsentwurf - am Mittag beschlossen wurde, sodass der finalen Verabschiedung am Freitag nichts mehr im Wege steht, kam es dem Vernehmen nach zu heftigen Diskussionen im Gremium. Die Union habe einen Klamauk veranstaltet, den es so noch nie gegeben habe, heißt es aus Ampelkreisen. Stein des Anstoßes war, dass die Vorsitzende des Ausschusses, die grüne Abgeordnete Kirsten Kappert-Gonther, als Berichterstatterin des Vorhabens auch die Beratung zum Tagesordnungspunkt als Sitzungsleiterin moderieren sollte. Von den MdB der Union und AfD sei ihr deshalb gewissermaßen die "Neutralität" abgesprochen worden. Kappert-Gonther gab daraufhin im Verlauf der Sitzung die Leitung an den Unionsabgeordneten Hubert Hüppe (CDU) weiter.
"Überfälliger Paradigmenwechsel"
Inhaltlich verteidigte der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen die geplante teilweise Legalisierung von Cannabis als "überfälligen Paradigmenwechsel". "Ein einfaches 'Weiter so' kann es nicht geben", sagte der Bundestagsabgeordnete am Mittwoch der dpa. "Wir müssen die Cannabis-Drogenpolitik an die gesellschaftliche Realität anpassen, um den Schwarzmarkt zu bekämpfen und insbesondere Kinder- und Jugendliche zu schützen." Als Arzt, Vater und Politiker sorge es ihn sehr, dass sich durch die Verbotspolitik der Vergangenheit Risiken im Zusammenhang mit Cannabis massiv erhöht hätten. Ziel sei, Konsum und Zugang für informierte Erwachsene sicherer zu machen, indem die Weitergabe verunreinigter Substanzen unterbunden werde. Das erreiche man durch die Schaffung legaler Alternativen über beschränkten Eigenanbau und Anbauvereinigungen, wie sie das CanG vorsieht.
Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Tino Sorge (CDU), sagte dagegen der dpa: "Gesundheits-, familien- und innenpolitisch ist das Gesetz ein historischer Fehler. Die Ampel bringt Cannabis in die Nähe von Kindern und Jugendlichen und agiert wie ein staatlicher Drogendealer." Das sei verantwortungslos. Er appelliere an unentschlossene Abgeordnete der Ampel-Koalition, an diesem Freitag im Bundestag gegen das Gesetz zu stimmen.
Am Ende der hitzigen Sitzung billigte der Gesundheitsausschuss die Gesetzespläne mit den bereits im November innerhalb der Koalition vereinbarten Änderungen. Eigenanbau und Besitz bestimmter Mengen sollen demnach für Volljährige vom 1. April an erlaubt sein. Zum 1. Juli sollen Clubs zum nicht-kommerziellen Anbau erlaubt werden. Für die praktische Umsetzung sind zahlreiche Regeln und Vorgaben vorgesehen.
Anrufung des Vermittlungsausschusses wahrscheinlich
Indes: Ob die Regelungen, insbesondere zur Entkriminalisierung, am 1. April überhaupt kommen, steht mehr denn je in den Sternen. Denn wenn der Bundestag am Freitag erwartungsgemäß dem CanG zustimmt, muss sich der Bundesrat noch mit dem an sich zustimmungsfreien Vorhaben befassen. Dabei gilt die Anrufung des Vermittlungsausschusses am 22. März nach Angaben aus Koalitionskreisen inzwischen als ziemlich wahrscheinlich. Grund hierfür ist vor allem, dass in den Ländern mit einer unverhältnismäßigen Belastung der Strafjustiz gerechnet wird.
Diesen Bedenken hätte die Koalition mit einer großzügigeren Frist zum Inkrafttreten abhelfen können. Die Länder würden dem Vernehmen nach dann von einer Anrufung des Vermittlungsausschlusses absehen. Allerdings habe Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine verlängerte Umsetzungsfrist abgelehnt.
Hinter vorgehaltener Hand wird nun damit gerechnet, dass das Gesetz im Ergebnis nicht zum 1. April in Kraft treten wird. Es wird vielmehr mit intensiven Verhandlungen mit den Ländern bis in den Sommer hinein gerechnet.
mit Material von dpa
Cannabisgesetz: . In: Legal Tribune Online, 21.02.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53932 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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