Wer im Examen vom Erstkorrektor noch mit vier, vom Zweitkorrektor aber mit drei Punkten bewertet wird und schließlich durchfällt, darf sich ärgern. Besonders begründen muss der Zweitprüfer seine Ansicht aber nicht, so das BVerwG.
Endgültig durchgefallen im zweiten Examen - das bedeutet: kurz vor dem Ziel gescheitert. Und als ob das nicht schon bitter genug wäre, hat der Erstkorrektor der entscheidenden Klausur diese ursprünglich noch mit den rettenden vier Punkten bewertet, bevor schließlich der Zweitkorrektor intervenierte und den Prüfling durchfallen ließ. So geschehen im Fall eines gescheiterten Examenskandidaten aus Hessen, der vor Gericht gegen die Bewertung seiner Klausuren vorging.
Doch nur weil der Prüfling damit das Examen letztlich nicht besteht, muss der Zweitkorrektor seine Bewertung nicht in gesteigertem Maße begründen, entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss (v. 24.10.2018, Az. 6 B 151.18). Somit kann der Mann nicht mehr Assessor werden.
Im Juni 2014 hatte er den Bescheid des Justizprüfungsamtes (JPA) erhalten, der ihm die schlechte Nachricht offenbarte: Zum zweiten und damit letzten Mal war er im Assessorexamen durchgefallen, da sieben Aufsichtsarbeiten mit weniger als vier Punkten, also bestenfalls mit mangelhaft, bewertet worden waren. Um seine letzte Chance auf die berufliche Zukunft als Volljurist zu wahren, legte er Widerspruch gegen die Bewertung der Klausuren ein.
VG: Besonderes Rechtfertigungsbedürfnis fürs Durchfallenlassen
Dabei rügte er unter anderem die Bewertung der ersten Klausur im öffentlichen Recht (ÖI), bei der der Erstkorrektor ihm noch eine mit vier Punkten gerade so ausreichende Leistung bescheinigt hatte. Die Zweitkorrektorin war allerdings deutlich härter mit seiner Leistung ins Gericht gegangen und bestand auf einer Bewertung mit drei Punkten (nicht bestanden), wozu es schließlich auch kam.
Nachdem das JPA seinen Widerspruch zurückgewiesen hatte, klagte der Kandidat gegen die Bewertung und bekam vor dem Verwaltungsgericht (VG) sogar zunächst Recht. Dieses befand, die Zweitkorrektorin hätte schon etwas mehr begründen müssen, warum der Prüfling entgegen der Meinung ihres Kollegen die Klausur nicht bestehen sollte.
Dieser Auffassung trat in der Berufung schon das Oberverwaltungsgericht (OVG) entgegen und konstatierte, die Zweitkorrektorin habe ihre Entscheidung ausreichend begründet. Besonders rechtfertigen müsse sie sich keineswegs, auch wenn ihre abweichende Korrektur zum Nichtbestehen des gesamten Examens führe.
BVerwG: Keine Sonderbehandlung für potenzielle Durchfaller
Nun wies auch das BVerwG jegliche Kritik an der Zweitkorrektur entschieden zurück und nahm die Revision des Mannes schon gar nicht zur Entscheidung an. Dabei ließ es sich das Gericht aber nicht nehmen, in seinem Beschluss ein paar klare Worte zur Rechtsfrage zu verlieren. Es liege "auf der Hand", so die Leipziger Verwaltungsrichter, dass die Begründung der Zweitprüferin im vorliegenden Fall ausreichend gewesen sei. Schließlich habe sie bei ihrer ursprünglichen Korrektur noch gar nicht wissen können, ob der Prüfling wegen ihrer Bewertung sein Examen nicht bestehen werde.
Aber auch im nachträglichen Überdenkensverfahren, das durch den Widerspruch eingeleitet wurde und in dem die Prüferin auf einer Note von drei Punkten beharrte, habe sie sich an ihre Begründungspflichten gehalten. Das Stichwort lautete vor dem BVerwG wie auch schon vor dem OVG "Autonomie": Solange der Zweitkorrektor zeige - und das habe die Prüferin hier getan - dass er oder sie eine eigenständige Bewertung vorgenommen hat, sei diese auch nicht zu beanstanden.
Schließlich müsse für alle Kandidaten der gleiche Maßstab gelten. Der Prüfer "hat seine Bewertungen anhand der von ihm [...] autonom erstellten Maßstäbe [...] aus Gründen der Chancengleichheit auf die Bewertung aller Bearbeitungen derselben Prüfungsaufgabe anzuwenden", stellte das Gericht klar. Eine besondere Rechtfertigungspflicht, wenn der Zweitkorrektor einen Kandidaten durchfallen lässt und das gar zum Nichtbestehen des gesamten Examens führt, gibt es nach Ansicht der obersten Verwaltungsrichter also nicht.
BVerwG zur Bewertung einer Examensklausur: . In: Legal Tribune Online, 22.11.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32195 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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