Asylbewerber müssen Zustellungsversuche des BAMF auch dann gegen sich gelten lassen, wenn ihre Adresse nicht von ihnen selbst, sondern durch eine öffentliche Stelle mitgeteilt worden ist. Das BVerwG sieht keine Konflikte mit dem Unionsrecht.
Asylbewerber müssen Zustellversuche des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) auch dann gegen sich gelten lassen, wenn ihre letzte bekannte Anschrift nicht von ihnen selbst, sondern durch eine öffentliche Stelle mitgeteilt worden ist. Die Zustellungsfiktion des § 10 Abs. 2 Satz 2 Asylgesetz (AsylG) stehe im Einklang mit dem Unionsrecht, entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) am Donnerstag (Urt. V. 20.08.2020, Az. 1 C 28.19).
Geklagt hatte ein Ausländer, der 2013 einen Asylantrag stellte. Dabei wurde er darüber belehrt, dass er dem BAMF jeden Wohnungswechsel umgehend mitzuteilen hat, Mitteilungen, Ladungen und Entscheidungen immer an die letzte bekannte Anschrift übersandt werden und auch dann wirksam sind, wenn er dort nicht mehr wohnt. Der Mann zog jedoch mehrfach um, ohne es dem Bundesamt mitzuteilen.
Im Februar 2015 teilte die Ausländerbehörde dem BAMF die seinerzeit aktuelle Anschrift des Mannes mit. Kurz darauf, im April 2015, zog der Mann aber wieder um. Nachdem der Kläger unter der mitgeteilten Anschrift 2016 weder zur persönlichen Anhörung geladen noch ihm Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme gegeben werden konnte, lehnte das BAMF den Asylantrag im August 2016 als offensichtlich unbegründet ab. Auch dieser Bescheid konnte dem Kläger nicht zugestellt werden.
Eine von dem Asylbewerber Anfang 2017 erhobene Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Dies wurde damit begründet, dass er die einwöchige Klagefrist, die mit der Zustellung beginne, versäumt habe.
Die Leipziger Richter bestätigten die Entscheidung der Vorinstanzen nun. Dass die Zustellungsfiktion auch dann greift, wenn die letzte bekannte Anschrift nicht vom Kläger selbst, sondern von einer öffentlichen Stelle mitgeteilt worden ist, stehe im Einklang mit Art. 13 Abs. 2 Buchst. c der Verfahrensrichtlinie 2013/32/EU. Die Berücksichtigung der von der Ausländerbehörde zutreffend mitgeteilten Anschriftenänderung begünstige den Kläger letztlich, so das Gericht. Er werde dadurch rechtlich so gestellt, als wenn er diesen Anschriftenwechsel selbst mitgeteilt hätte. Von der fortbestehenden Verpflichtung, auch jeden weiteren Anschriftenwechsel mitzuteilen, entbinde dies jedoch nicht. Es sei daher gerechtfertigt, die erneute Verletzung dieser Obliegenheit mit einer Zustellungsfiktion zu verknüpfen.
acr/LTO-Redaktion
BVerwG bestätigt Zustellungsfiktion bei Asylablehnung: . In: Legal Tribune Online, 20.08.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42557 (abgerufen am: 25.11.2024 )
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