Plötzlich war das Urteil online, dabei sollte es erst Dienstag verkündet werden. So wurde bekannt: Das BVerfG beanstandet die Wahlrechtsreform in dem Umfang, wie es sich bereits in der Verhandlung angedeutet hatte.
Die einzige Spur eines Versehens war am späten Montagabend, dass ein Teil der Website des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nicht erreichbar war. Als hätte jemand hastig einen Teil der Website still gelegt. Denn was dort spät am Abend offenbar zu finden war, das sollte erst Dienstagmorgen vom Zweiten Senat ab 10 Uhr im Saal des BVerfG verkündet werden.
Das Urteil betrifft die jüngste Wahlrechtsreform aus dem Jahr 2023. Das Wahlrecht, das für die nächste Bundestagswahl 2025 gelten würde. Es ist die wahrscheinlich wichtigste verfassungsrechtliche Entscheidung des Jahres. Stattdessen kursierte am späten Donnerstagabend bereits Fotos von der Entscheidung, die als PDF-Datei wohl schon auf der Website stand. Auch ein Link wurde verbreitet, der aber kurz darauf nur noch ins Leere führte.
Aus dem kursierenden Material ergibt sich, was Rechtsjournalist Dr. Christian Rath auf LTO schon im Vorfeld prognostiziert hatte: Wesentliche Teile der Wahlrechtsreform erklärt das BVerfG für verfassungskonform. Die ersatzlose Streichung der Grundmandatsklausel hingegen hielt es für unvereinbar mit dem Grundgesetz.
Wegfall der Grundmandatsklausel verfassungswidrig
Eine Fünf-Prozent-Hürde ohne Grundmandatsklausel ist nach Auffassung des Zweiten Senats verfassungswidrig. Für die kommende Wahl soll die Grundmandatsklausel deshalb noch weiterhin gelten, so sieht es das Urteil des BVerfG vor.
Die Grundmandatsklausel ermöglicht Parteien, die die Marke von fünf Prozent der Zweitstimmen verfehlen, den Einzug in den Bundestag, wenn sie in mindestens drei Wahlkreisen die meisten Erststimmen erhalten haben. Von ihr hatte zuletzt vor allem die Linkspartei profitiert. Sie und die nur in Bayern wählbare CSU galten als die Parteien, die am stärksten durch eine ersatzlose Streichung der Klausel gefährdet gewesen wären.
Die von der Ampel neu eingeführte Zweitstimmendeckung hingegen bleibt bestehen, sie ist nach Auffassung des BVerfG mit dem GG vereinbar. Damit entspricht das Urteil im Wesentlichen dem, was sich bereits nach der mündlichen Verhandlung im April abgezeichnet hatte.
Weitere Vertiefungen und Einordnungen zu dem Urteil, lesen Sie am Dienstag auf LTO.de - und auch vielleicht dann auch schon mehr zu dem bemerkenswerten Leak des Urteils.
BVerfG-Urteil war vorab online: . In: Legal Tribune Online, 30.07.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55100 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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