Am Dienstag verhandelt das BVerfG drei Verfassungsbeschwerden gegen die deutsche Beteiligung am Euro-Rettungsschirm und an der finanziellen Unterstützung für Griechenland. Die Beschwerdeführer halten die Maßnahmen für unvereinbar mit dem Grundgesetz und mit EU-Recht.
Der CSU-Politiker Peter Gauweiler und eine Gruppe von Professoren rügen unter anderem die Verletzung ihres Grundrechts auf Eigentum aus Art. 14 Grundgesetz (GG) sowie eine Beeinträchtigung des Wahlrechts aus Art. 38 Abs. 1 GG, insbesondere unter den Aspekten einer Verletzung des Demokratieprinzips und einer Beeinträchtigung der Haushaltsautonomie des Bundestages.
Zudem stehe im "Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union" ausdrücklich, dass ein Mitgliedsstaat nicht für die Verbindlichkeiten eines anderen haftet. Die Auslegung dieser so genannten Bail-out-Klausel nach Art. 125 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ist allerdings umstritten. Nach Ansicht von Alexander Lorz, Professor an der Universität Düsseldorf, sind freiwillige Kredite durch die Regelung nicht ausgeschlossen. Andernfalls könnte Deutschland jedem Staat der Welt Kredite und andere finanzielle Hilfen gewähren - nur nicht Partnern, mit denen es am engsten verbunden ist und von deren Wohlergehen es am meisten abhängt.
Erstmals Hauptsacheverfahren über verfassungsrechtliche Fragen der Euro-Hilfen
Im Mai 2010 hatten die Mitgliedstaaten der Euro-Gruppe auf Antrag Griechenlands im Zusammenhang mit einem dreijährigen Programm des Internationalen Währungsfonds (IWF) erhebliche Finanzhilfen bereitgestellt und versprochen, Griechenland mit bilateralen Darlehen zu unterstützen. Um die erforderlichen Maßnahmen auf nationaler Ebene zu treffen, verabschiedete der Bundestag am 7. Mai 2010 ein entsprechendes Gesetz.
Ebenfalls im Mai hatte der europäische Rat für Wirtschaft und Finanzen nach Vorgesprächen der Staats- und Regierungschefs der Euro-Gruppe die Schaffung eines europäischen Stabilisierungsmechanismus beschlossen.
Auf nationaler Ebene wurden die Voraussetzungen für die Leistung des finanziellen Beistands mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus durch den Bundestag Ende Mai 2010 geschaffen.
In den vorliegenden Verfahren entscheidet das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erstmals in der Hauptsache über verfassungsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Griechenland-Hilfe und dem Euro-Rettungsschirm. Zahlreiche weitere Verfassungsbeschwerden zu diesen Themenkomplexen sind allerdings noch anhängig.
Mit Material von dpa.
sh/LTO-Redaktion
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BVerfG: . In: Legal Tribune Online, 05.07.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3665 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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