Die Verfassungsrichter in Karlsruhe haben eine wichtige Entscheidung für den Strafprozess getroffen. Demnach kann eine offensichtlich unbegründete Revision auch ohne mündliche Verhandlung durch einstimmigen Beschluss verworfen werden. Eine Begründung muss das Gericht auch nicht liefern.
Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) begründet keinen Anspruch auf eine mündliche Verhandlung. Wenn sie offensichtlich unbegründet ist, kann sie auch ohne diese verworfen werden. Das entschied das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), wie am Dienstag bekannt wurde (Beschl. v. 30.06.2014, Az. 2 BvR 792/11).
Ein verurteilter Straftäter hatte Verfassungsbeschwerde gegen die Verwerfung seiner Revision durch bloßen Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) eingereicht. Nach § 349 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) können die Strafrichter auf Antrag der Staatsanwaltschaft eine Revision verwerfen ohne mündlich darüber zu beraten, wenn sie diese einstimmig für offensichtlich unbegründet halten. Der Angeklagte war damit nicht einverstanden - er wollte auch mündlich zu seinen Revisionsgründen äußern. Außerdem rügte er, dass es keine Begründung für die Verwerfung gab.
Keinen Anspruch auf mündliche Verhandlung
Verfassungsrechtliche Bedenken an der StPO-Vorschrift hatten die Richter in Karlsruhe jedoch nicht. Der Gesetzgeber habe darüber zu entscheiden, in welcher Weise rechtliches Gehör gewährt werden soll. Einen Anspruch auf eine mündliche Verhandlung gewähre die Verfassung nicht. Der Beschwerdeführer habe schon durch seine Revisionsbegründung nach § 344 StPO Gelegenheit, sich umfassend zur Sache zu äußern. Warum es zusätzlich einer mündlichen Begründung bedürfe, habe der Mann nicht deutlich gemacht.
Das BVerfG wies zudem darauf hin, dass bei letztinstanzlichen, nicht mehr angreifbaren Entscheidungen regelmäßig keine Begründung mehr nötig sei. Das gelte auch für Beschlüsse nach § 349 Abs. 2 StPO.
Der Beschwerdeführer hatte dagegen eine Begründung des BGH für seine Entscheidung als wichtig erachtet, weil hierdurch die Erfolgsaussichten einer Anhörungsrüge oder auch einer Verfassungsbeschwerde eingeschätzt werden könnten.
"Schonung der Ressourcen der Justiz"
Diese Meinung hielten die Karlsruher Richter zwar nicht für abwegig. Allerdings sei davon auszugehen, dass sich der BGH der Rechtsauffassung der Staatsanwaltschaft, die ihren Antrag nach § 349 Abs. 2 StPO begründen muss, anschließe, wenn er die Verwerfung der Revision nicht begründe. Das diene der "Schonung der Ressourcen der Justiz". Im Übrigen könne der Beschluss auch nur ergehen, wenn die Revision offensichtlich unbegründet sei.
Schließlich sei auch kein Verstoß gegen Art. 6 der Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) ersichtlich. Von dem dortigen Grundsatz der öffentlichen mündlichen Verhandlung könne unter bestimmten Voraussetzungen abgewichen werden, so das BVerfG. Bei der Revision gehe es ausschließlich um die Prüfung von Rechtsfragen, über die in der Regel schon nach Aktenlage entschieden werden könne.
Die Abweisung einer Revision ohne mündliche Verhandlung kommt in der Justiz häufig vor: So scheiterten beim BGH 2013 von knapp 3.500 eingelegten Revisionen 73,8 Prozent auf diese Weise.
dpa/una/LTO-Redaktion
BVerfG zu Revision in Strafsachen: . In: Legal Tribune Online, 15.07.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12562 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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