Viele Touristenorte und Universitätsstädte bitten Zweitwohnungseigentümer zur Kasse. Grundsätzlich hat das BVerfG daran nichts auszusetzen, mancherorts hapere es allerdings an der Umsetzung.
Universitätsstädte und Urlaubsorte erheben oft eine Zweitwohnungsteuer - bei der Berechnung dürfen sie sich aber nicht mehr auf Daten aus den 1960er Jahren stützen. Das hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden. Die Richter gaben deshalb zwei Verfassungsbeschwerden von Wohnungseigentümern gegen die Steuern der bayerischen Gemeinden Oberstdorf und Sonthofen statt. In beiden Gemeinden werden zur Berechnung der Zweitwohnungsteuer die Werte der Einheitsbewertung von Grundstücken basierend auf den Wertverhältnissen von 1964 herangezogen und diese entsprechend dem Verbraucherpreisindex hochgerechnet. Seither entstandene Verzerrungen könnten durch Hochrechnungen aber nicht ausgeglichen werden, entschied das Gericht (Beschl. v. 24.10.2019, Az. 1 BvR 807/12 u.a.).
Ob die Entscheidung auch andere Gemeinden betrifft, war zunächst nicht klar. Nach Schätzung des Deutschen Städte- und Gemeindebunds erhebt bundesweit eine dreistellige Zahl von Gemeinden eine Zweitwohnungsteuer. Wie viele davon gleichlautende Satzungen haben, will der Verband nun prüfen. Er gehe aber nicht davon aus, dass die meisten Gemeinden ihre Zweitwohnungsteuer so geregelt hätten, sagte der Stellvertretende Hauptgeschäftsführer Uwe Zimmermann.
Zweitwohnungsteuern gibt es seit den frühen 1970er Jahren. Zur Kasse gebeten werden Eigentümer oder Mieter, die ihren Hauptwohnsitz woanders und in der Gemeinde eine zweite Wohnung haben.
Ähnliches Problem wie bei der Grundsteuer
Das BVerfG hat die Erhebung von Zweitwohnungsteuern 1983 grundsätzlich abgesegnet. Probleme sehen die Richter aber immer wieder bei der konkreten Ausgestaltung. So wurde bereits entschieden, dass Eheleute, die zum Arbeiten in eine andere Stadt pendeln, nicht mit der Steuer belastet werden dürfen. Studenten, die noch zu Hause bei den Eltern gemeldet sind, müssen dagegen zahlen.
Ausgangspunkt der neuen Entscheidung ist das Karlsruher Urteil zur Grundsteuer aus dem April 2018. Damals hatte der Erste Senat die zugrundeliegenden Vorschriften zur Einheitsbewertung von Grundstücken nach den Verhältnissen von 1964 für verfassungswidrig erklärt. Die Grundsteuer muss deshalb bis Jahresende reformiert sein.
Auf demselben verfassungswidrigen Prinzip fußen die nun bemängelten Steuern. Auch hier könne es zu erheblichen Wertverzerrungen kommen, heißt es in dem Beschluss – etwa, weil sich Ausstattungsstandards oder die Anbindung von Immobilien geändert haben. Die Richter beanstanden deshalb einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.
Der gestufte Tarif in Oberstdorf verstößt außerdem gegen das Gebot der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit. Menschen, die sich nur eine kleine Miete leisten können, würden nach diesem System überdurchschnittlich stark belastet, stellten die Richter fest.
Beide Gemeinden haben jetzt bis Ende März Zeit, ihre Satzungen zu überarbeiten. Spätestens dann werden die Vorschriften nichtig.
dpa/acr/LTO-Redaktion
Wegen überholter Berechnungsbasis: . In: Legal Tribune Online, 24.10.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/38371 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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