Hunderte Millionen DM soll die Bundesregierung in den 60er Jahren an Israel gezahlt haben. Die amtlichen Akten dazu liegen in privaten Stiftungen. Wer Informationsansprüche gegen wen hat, müssen die Fachgerichte klären, entschied das BVerfG.
Die Journalistin und Historikerin Gaby Weber muss sich an das Bundeskanzleramt wenden, um Einsicht in Akten zu bekommen. Sie recherchiert zu Zahlungen in Höhe von 630 Millionen Deutsche Mark, die Deutschland in den 60er Jahren als finanzielle Wiedergutmachung an Israel gezahlt haben soll. Das Geld war Steuergeld und soll im Rahmen der sogenannten Aktion "Geschäftsfreund" ohne parlamentarische Legitimation und Kabinettsbeschluss ausgezahlt worden sein.
Wesentliche, teils als Verschlusssache gekennzeichnete Akten sollen sich im Besitz der privaten Konrad-Adenauer-Stiftung und dem Historische Institut der Deutschen Bank befinden. Die Unterlagen sollen zuvor vom Bundeskanzleramt für die Bundesregierung geführt worden sein.
Weber hatte sich an das Bundesarchiv gewandt, um die Akten zu bekommen. Sie muss sich aber zunächst mit einem entsprechenden Antrag an das Bundeskanzleramt wenden, hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden. Das Gericht wies, wie jetzt bekannt wurde, die Verfassungsbeschwerde der Journalistin mangels Rechtswegerschöpfung als unzulässig zurück (Beschl. v. 20.06.2017, Az. 1 BvR 1978/13).
Der an das Bundesarchiv gestellte Antrag reiche nicht aus, da die Akten dem Bundesarchiv nie vorgelegen hätten. Auch habe sich der richtige Antrag nicht durch das nachfolgende Klageverfahren erübrigt. Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sei allein der Antrag an das Bundesarchiv und dessen Verpflichtung, die begehrten Unterlagen zugänglich zu machen gewesen.
Von Erstbeschaffung und Wiederbeschaffung
Das BVerfG könne den Fall hier auch nicht ausnahmsweise entscheiden, teilten die Richter mit. Denn es gehe in dem Fall um die die Reichweite des Informationszugangsanspruchs nach § 1 Abs. 1 S. 1 Informationsfreiheitsgesetz (IFG). Die Ausschöpfung des Rechtswegs lasse insofern erwarten, dass maßgebliche einfachrechtliche Vorfragen geklärt oder für die verfassungsrechtliche Beurteilung erhebliche Tatsachen festgestellt würden.
Das BVerfG stellte klar, dass sich die Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 Grundgesetz ergebe. Der Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen folge aus§ 1 Abs. 1 S. 1 IFG. Aus der Charakterisierung der Informationen als allgemein zugängliche Quellen folge aber nicht, dass ihre Zugänglichkeit auch im Ergebnis ohne weiteres gewährleistet ist. Vielmehr könnten Zugangsansprüche für verschiedene Verwaltungsangelegenheiten im Ergebnis auch weitflächig und nicht nur ausnahmsweise versagt werden.
Zudem lägen die begehrten Informationen bei einer privaten Stiftung, der Fall sei im IFG nicht ausdrücklich geregelt. Klar wäre, dass es keinen Beschaffungsanspruch geben könne für Akten, die die Behörde nie hatte. Wie es bei Akten sei, die mal im Bestand waren und dann in Gewahrsam Privater gelangten, müsse hingegen erst noch geklärt werden. Den amtlichen Charakter würden die Dokumente jedenfalls durch die bloße Weitergabe nicht verlieren.
tap/LTO-Redaktion mit Material von dpa
Tanja Podolski, BVerfG zu Informationsfreiheitsgesetz: . In: Legal Tribune Online, 12.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23435 (abgerufen am: 07.11.2024 )
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