BVerfG zum Teil-Lockdown: Restau­rant bleibt gesch­lossen

12.11.2020

Nach dem Fiasko mit den Beherbergungsverboten fragten sich viele: Halten die Restaurant-Schließungen vor Gericht stand? Nun hat sich das BVerfG in einem Eilverfahren erstmals geäußert – und die Untersagung eines Gastronomiebetriebs bestätigt.

Bundesweit klagen Restaurants, Hotels, Kinos und Fitnessstudios gegen den Teil-Lockdown im November - jetzt hat sich erstmals das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zu den angeordneten Schließungen geäußert. Es lehnte den Eilantrag eines bayerischen Filmtheaters mit Restaurant ab. In der am Donnerstag veröffentlichten Entscheidung vom Vortag ist zwar von einem schwerwiegenden Grundrechtseingriff die Rede, der genauer geprüft werden müsse. Es geht aber auch daraus hervor: Momentan hat im Zweifel der Lebens- und Gesundheitsschutz und die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems Vorrang (Beschl. v. 11.11.2020, Az. 1 BvR 2530/20).

Damit ist die Geschäftsführerin eines Kinos mit sieben Sälen, zu dem auch ein Restaurant gehört, gescheitert. Wegen der zwangsweisen Schließung habe sie derzeit nur noch Einnahmen aus Mieterträgen, die die Unterhaltskosten nicht deckten. Ein Lieferdienst für Essen, wie er noch erlaubt wäre, lohne aufgrund der Konkurrenzsituation nicht.

Existenzgefährdung muss konkret sein

Wegen des untersagten Kinobetriebs hätte die Frau zunächst den Rechtsweg zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) beschreiten müssen. Zur Gastronomie gibt es bereits eine VGH-Entscheidung in einem anderen Fall. Deshalb durfte sich die Unternehmerin in diesem Punkt direkt an das BVerfG wenden. Im Eilverfahren nach § 32 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) klärt es aber grundsätzlich nur: Was hätte schlimmere Folgen - wenn wir die Maßnahme jetzt irrtümlicherweise kippen oder wenn sie in Kraft bleibt und sich später als rechtswidrig herausstellt?

So erkennt das BVerfG auf der einen Seite zwar einen gravierenden Eingriff in die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) an, der sich für das Unternehmen wirtschaftlich auch nicht dadurch mindert, dass Kunden Speisen und Getränke abholen können.

Auf der anderen Seite sei die Lage der Gastronomin aber auch nicht existenzgefährdend, entschied das BVerfG mit Blick auf den befristeten Lockdown im November - oder sie habe es so zumindest nicht vorgetragen. Dazu reiche nämlich kein allgemeiner Verweis, sondern es bedürfe konkreter Zahlen, die trotz der angekündigten Wirtschaftshilfen von 75 Prozent des Umsatzes aus dem Vorjahr eine existenzgefährdende Wirkung belegten. Dabei merkte die 3. Kammer des Ersten Senats an, dass die Umsatzeinbußen nicht ausschließlich auf den Lockdown, sondern gegebenenfalls auch auf das "veränderte Ausgehverhalten der Bevölkerung" zurückzuführen ist.

Gesamtkonzept soll nicht getrennt werden

Jedenfalls seien die Gefahren der Corona-Pandemie "weiterhin sehr ernst zu nehmen" und die Ursachen für die steigenden Infektionszahlen "diffus". Genaue Infektionsquellen seien nicht bekannt. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass auch Gastronomiebetriebe zum Infektionsgeschehen beitrügen.

Das BVerfG verwies deshalb auf das Gesamtkonzept des bayerischen Verordnungsgebers, wonach bestimmte Lebensbereiche stark eingeschränkt werden, um Schulen und viele Wirtschaftsbetriebe geöffnet halten zu können. Dies soll nach dem Beschluss unangetastet bleiben, weil die Gefahr bestünde, das Infektionsgeschehen nicht eindämmen zu können, wenn Teile davon außer Kraft gesetzt würden.

Insgesamt müsse der Verordnungsgeber eine solche Entwicklung nicht hinnehmen, sondern sei prinzipiell zu Maßnahmen des Gesundheits- und Lebensschutzes verpflichtet, so das BVerfG. Diese Beurteilung dürfte auch für weitere Eilentscheidungen zum Teil-Lockdown maßgeblich sein.

mgö/LTO-Redaktion

Mit Materialien der dpa

Zitiervorschlag

BVerfG zum Teil-Lockdown: . In: Legal Tribune Online, 12.11.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43419 (abgerufen am: 19.11.2024 )

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