Gibt es weiteren Streit zwischen Innen- und Justizministerium? Kürzlich war ein Gesetzentwurf von Nancy Faeser zur Gesichtserkennung bekannt geworden. Der gibt dem BKA weitreichende Befugnisse – für Marco Buschmann ein "Tabubruch".
Innenministerin Nancy Faeser (SPD) erlebt eine turbulente Woche, nun kündigt sich Zoff mit Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) an. Dabei geht es um einen Gesetzentwurf aus dem Bundesinnenministerium (BMI) zur Gesichtserkennung, der am Wochenende bekannt geworden war. Der Referentenentwurf "eines Gesetzes zur Änderung des Bundeskriminalamtgesetzes und weiterer Gesetze" will Ermittlern den biometrischen Abgleich von Fahndungsbildern mit allen öffentlich zugänglichen Fotos erlauben. Dabei soll auch Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommen dürfen. Die konkreten Pläne hat Dr. Christian Rath auf LTO am Montag ausführlich vorgestellt.
In dem Entwurf enthalten ist auch eine brisante Regelung: Das Bundeskriminalamt (BKA) soll unter bestimmten Voraussetzungen die Befugnis erhalten, zur Terrorismusbekämpfung heimlich Wohnungen zu durchsuchen, um dort Staatstrojaner zu installieren.
Über den Entwurf muss noch innerhalb der Bundesregierung beraten werden. Doch schon jetzt stellt Faesers Kabinettskollege Buschmann gegenüber der Bild-Zeitung und auf X öffentlich klar: Mit ihm als "Verfassungsminister" werde es "keine Befugnisse zum heimlichen Schnüffeln in Wohnungen geben". Als "absoluten Tabubruch" bezeichnete er eine solche Idee in dem Tweet vom Donnerstag. "Im Staat des Grundgesetzes machen wir so etwas nicht."
Kennt Buschmann den Gesetzentwurf überhaupt?
Konkret nahm Buschmann weder Bezug auf Faeser noch auf einen bestimmten Referentenentwurf. Er kommentierte unter seinem eigenen Tweet in einem zweiten Tweet nur abstrakt: "Sollte jemand das ernsthaft vorschlagen wollen, wird ein solcher Vorschlag weder das Kabinett passieren, noch wird es eine Mehrheit im Parlament dafür geben." Dazu verlinkte Buschmann einen Artikel der Bild zum "Schnüffel-Gesetz".
Der Artikel stellt einen Bezug zu Faesers Gesetzentwurf her. Ob Buschmann vom Inhalt des Entwurfes Kenntnis hat und inwiefern zwischen den Kabinettskollegen bereits Gespräche dazu stattgefunden haben, ist angesichts der vage gehaltenen Äußerungen Buschmanns unklar. Eine entsprechende Anfrage von LTO an das BMJ blieb zunächst unbeantwortet.
Wann die "Schnüffelei" zulässig sein soll
Die Maßnahme soll laut Entwurf nur erlaubt sein, wenn "eine konkretisierte Gefahrenlage hinsichtlich der Vorbereitung eines terroristischen Anschlags im Raum steht und nur noch Unsicherheit dahingehend besteht, in welchem konkreten Stadium sich die Tatplanung befindet", heißt es in dem Entwurf zur Begründung. Voraussetzung für eine verdeckte Durchsuchung durch das BKA soll außerdem sein, dass im konkreten Fall keine andere Möglichkeit besteht, die drohende Gefahr abzuwehren, ohne den Erfolg eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ernsthaft zu gefährden. Auch eine richterliche Anordnung soll erforderlich sein. Die taz hatte am Dienstag darüber berichtet.
Ein Zweck der verdeckten Durchsuchung von Wohnungen könne auch sein, potenzielle Tatmittel ohne Wissen des Betroffenen unbrauchbar zu machen, heißt es im Entwurf. Beispielsweise könne dabei Munition ausgewechselt oder ein Grundstoff für die Sprengstoffherstellung ausgetauscht werden, um einen Anschlag zu verhindern.
Der physische Zugriff auf IT-Geräte ist nach Auffassung des BMI die "technisch sicherste und schnellste Möglichkeit zur Implementierung der für den Zugriff auf informationstechnische Systeme notwendigen Software". Auch diese Maßnahme solle "ausschließlich zum Zweck der Bekämpfung der Gefahren des internationalen Terrorismus" erlaubt sein.
Weitere Kampfansage in einer schweren Woche
Auf Faeser und Buschmann kommt damit weiterer Zoff zu. Auch der jahrelange Streit um die Vorratsdatenspeicherung ist – trotz einer ungefähren Einigung zwischen SPD und FDP im April – nach wie vor nicht in Gesetzesform beigelegt.
Die neuerliche Kampfansage ihres Kabinettskollegen trifft die in dieser Woche bereits angeschlagene Faeser hart. Am Mittwoch hatte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) das Verbot des rechtsextremen Compact-Magazins vorläufig außer Vollzug gesetzt. Dies werten viele als persönliche Niederlage Faesers, auch aus den Reihen des Koalitionspartners FDP war von einer "Klatsche" die Rede.
Ebenfalls beim BVerwG auf dem Prüfstand steht das Vereinsverbot gegen das Islamische Zentrum Hamburg, am Dienstag hatte das Gericht den Eingang einer zweiten Klage bekanntgegeben. Zudem steht Faesers Gesetzentwurf für ein umfassenderes Messerverbot in der Kritik, dieser war ebenfalls am Wochenende bekannt geworden.
mk/LTO-Redaktion
Mit Material der dpa
Buschmann lehnt Faeser-Vorschlag ab: . In: Legal Tribune Online, 15.08.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55216 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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