Bei der ersten Lesung Justizminister zur geplanten Abschaffung von § 219a StGB gab es Jubel und Kritik. Justizminister Marco Buschmann warb stark für die Pläne und nannte die aktuelle Rechtslage "absurd".
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat die von der Ampel-Regierung geplante Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen noch einmal deutlich gegen Kritik verteidigt. Es sei eine falsche Behauptung, dass damit der Schutz von ungeborenem Leben künftig gefährdet sei, sagte Buschmann am Freitag bei der Debatte zur ersten Lesung des Koalitionsentwurfs im Bundestag. Es gehe in erster Linie darum, betroffenen Frauen den Zugang zu Informationen über Schwangerschaftsabbrüche zu erleichtern. "Im Internet erlauben wir jedem Verschwörungstheoretiker, jeder Fake-News-Schleuder, jeden Unsinn über Schwangerschaftsabbrüche zu verbreiten. Aber qualifizierten Ärztinnen und Ärzten als Hüter der Wissenschaft, der Fakten, der Sachlichkeit und der Aufklärung, denen verbieten wir, sachliche Informationen bereitzustellen", sagte Buschmann. Dieser Zustand sei "absurd", so Buschmann.
Mit ihrem Entwurf plant die Ampel-Koalition den umstrittenen § 219a aus dem Strafgesetzbuch (StGB) zu streichen. Die Norm regelt das Verbot, für Schwangerschaftsabbrüche zu werben. Das führt bislang dazu, dass Ärztinnen und Ärzte keine ausführlichen Informationen über solche Eingriffe öffentlich anbieten können, ohne Strafverfolgung befürchten zu müssen. Das soll sich nach dem Willen des BMJ und der Ampel-Koalition ändern. Der Gesetzentwurf sieht nach Informationen der dpa ebenfalls vor, dass seit 1990 ergangene Urteile gegen Ärztinnen und Ärzte im Zusammenhang mit § 219a StGB aufgehoben werden. Vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sind aktuell mehrere Verfassungsbeschwerden in der Sache anhängig, der Gesetzgeber könnte Karlsruhe hier gegebenenfalls zuvor kommen.
"Abstoßende" Werbung soll nicht möglich sein
Widerspruch gegen die Pläne kam am Freitag erneut aus den Reihen der Union sowie der AfD. Abgeordnete der beiden Fraktionen bemängelten, dass der Schutz des ungeborenen Lebens in der Argumentation zu kurz komme. Die Unionsfraktion reichte ihrerseits einen Antrag gegen die Abschaffung des Paragrafen ein.
Aus der Linksfraktion gab es dagegen Jubel. Die Linken-Abgeordnete Heidi Reichinnek plädierte sogar dafür, auch den § 218 zu streichen. Damit sollen Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich nicht mehr strafbar sein. Im Interview mit LTO meint auch die Berliner Professorin Ulrike Lembke, dass eine größere Reform angebracht sei.
Buschmann betonte, ein solcher Schritt sei nicht vorgesehen. Außerdem versicherte er, dass mit dem Koalitionsentwurf garantiert sei, dass es auch künftig keine "abstoßende" Werbung für Abtreibung geben werde. Auch der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese betonte die Bedeutung des Vorhabens. "Behandelnde Ärztinnen und Ärzte sind die wichtigsten Ansprechpartner für betroffene Frauen und Familien. Eine drohende Strafbarkeit von Fachpersonal ist dabei der falsche Weg", sagte Wiese der dpa.
dpa/jb/LTO-Redaktion
Erste Lesung im Bundestag: . In: Legal Tribune Online, 13.05.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48445 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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