Der Entwurf für ein neues Bundespolizeigesetz sieht neue Eingriffsbefugnisse für die Bundespolizei vor. Aber auch die Bürger sollen mehr Rechte bekommen: Personen, die sich anlasslos kontrolliert fühlen, sollen sich besser wehren können.
Der Bundestag hat am Donnerstag in erster Lesung über den Gesetzentwurf zu einer Neustrukturierung des Bundespolizeigesetzes (BPolG) beraten. Das Gesetz in seiner jetzigen Fassung stammt aus dem Jahr 1994 und wurde seit 30 Jahren nicht umfassend novelliert. Die Bundespolizei ist – in Abgrenzung zu den Länderpolizeien – insbesondere zuständig für den Schutz an Grenzen, Bahnhöfen und Flughäfen.
Die Reform sieht im Wesentlichen neue Eingriffsbefugnisse für die Bundespolizei vor.
Telekommunikationsüberwachung und Drohneneinsatz
Da sich die Gefahrenquellen in den vergangenen Jahrzehnten vervielfältigt hätten, soll die Bundespolizei zunächst neue technische Eingriffsbefugnisse erhalten, um Gefahren effektiv abwehren zu können, wie es in erster Lesung hieß.
Hierzu sollen der Bundespolizei erweiterte Möglichkeiten eingeräumt werden, Telekommunikation zu überwachen und Verkehrs- und Nutzungsdaten zu erheben. Zudem soll die Bundespolizei künftig Mobilfunkkarten und -endgeräte identifizieren und lokalisieren dürfen. Dafür wird aber jeweils ein richterlicher Beschluss erforderlich sein. Außerdem soll die Bundespolizei künftig Drohnen zur Bild- und Tonaufzeichnung einsetzen dürfen, beispielsweise zur Erstellung eines Lagebildes.
Aufenthaltsverbot und DNA-Identifizierung
Auch andere, herkömmliche Gefahrenabwehrmaßnahmen sollen im neuen Bundespolizeigesetz normiert werden. So enthält § 38 BPolG in seiner jetzigen Fassung zwar die Ermächtigung für einen Platzverweis, allerdings nicht für ein Aufenthaltsverbot, wie es beispielsweise in einigen Landespolizeigesetzen geregelt ist, so etwa in § 34 Abs. 2 Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW). Ein Aufenthaltsverbot ist im Gegensatz zu einem Platzverweis räumlich und zeitlich weitgehender: Mit einem Aufenthaltsverbot kann das Betreten eines räumlich größer abgesteckten Bereichs untersagt werden, zum Beispiel ganzer Straßenzüge. Zudem kann bis zu drei Monate andauern, wie es etwa nach § 34 Abs. 2 S. 4 PolG NRW geregelt ist.
Entsprechend soll eine solche Ermächtigung für Aufenthaltsverbote ebenfalls im BPolG eingeführt werden. Mit einem Aufenthaltsverbot lässt sich zum Beispiel verhindern, dass gewaltbereite Personen wie Fußball-Hooligans zu Großveranstaltungen anreisen.
Außerdem sieht der Gesetzentwurf eine Rechtsgrundlage vor, um DNA-Identifizierungsmuster speichern und DNA-Trugspuren erkennen zu können.
Kennzeichnungspflicht und Kontrollquittungen
Der Gesetzentwurf enthält aber nicht nur neue Eingriffsbefugnisse. Um polizeiliches Handeln für alle Bürger transparenter zu machen, soll die pseudonyme Kennzeichnung von Polizeivollzugsbeamten der Bundespolizei eingeführt werden. Die Kennzeichnung in Form einer Ziffernfolge ermöglicht eine namentliche Zuordnung – allerdings nur den dazu befugten Stellen.
Zudem sollen sich Personen, die von der Bundespolizei befragt werden, künftig Kontrollquittungen ausstellen lassen können – mit Angaben zu Ort, Zeit und Grund der Überprüfung. Hiermit könne diskriminierenden Kontrollen vorgebeugt werden, wie es in der ersten Lesung hieß.
Faeser: "Mehr Transparenz und Bürgernähe"
Die Union möchte den Entwurf der Bundesregierung ablehnen. Er sei nicht zeitgemäß, was Technik und Befugnisse angeht, kritisierte die CSU-Abgeordnete Andrea Lindholz. Philipp Amthor (CDU) kündigte an, man wolle "im Bundesrat ganz genau ansehen, was wir Ihnen da durchgehen lassen und was nicht".
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) wertete den Gesetzentwurf als "längst überfälligen Schritt für eine verbesserte Kriminalitäts- und Terrorbekämpfung auf Bahnhöfen und Flughäfen im Inland". Ein in der vergangenen Legislaturperiode von der damaligen Großen Koalition eingebrachter Gesetzentwurf war im Bundesrat im Juni 2021 gescheitert. "Dieses Trauerspiel darf sich nicht wiederholen, wenn wir eine handlungsfähige Bundespolizei haben wollen", mahnte GdP-Vorsitzender Jochen Kopelke.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser meint, es sei in einem demokratischen Rechtsstaat selbstverständlich, dass die Erweiterung von Polizeibefugnissen gesellschaftlich teils kritisch aufgefasst werde. Sie versichere aber, dass das Gesetz zu mehr Transparenz und Bürgernähe beitrage.
dpa/cho/LTO-Redaktion
Reform des Bundespolizeigesetzes: . In: Legal Tribune Online, 15.03.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54119 (abgerufen am: 25.11.2024 )
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