Manche Entwicklungen in der Wirtschaft wurden durch die Pandemie beschleunigt - vor allem, was die Macht großer Internetkonzerne angeht. Das zeigt der Tätigkeitsbericht des Bundeskartellamts, den es am Mittwoch präsentierte.
Rund 400 Beschäftigte hat das Kartellamt, 160 davon sind Juristinnen und Ökonomen. Eine kleine Nummer unter den deutschen Behörden, könnte man meinen. Doch tatsächlich ist das Amt eine mächtige Institution. Sein Einfluss wächst.
Mit neuen Zuständigkeiten und rechtlichen Werkzeugen in der Tasche gehen Deutschlands oberste Wettbewerbshüter mit breiter Brust voran. Bei der Vorlage des Tätigkeitsberichts des Bundeskartellamts stellte Behördenchef Andreas Mundt am Mittwoch in Bonn den Start des sogenannten Wettbewerbsregisters für diesen Herbst in Aussicht. Es handelt sich um eine Datenbank, an die bundesweit rund 30.000 Vergabestellen angeschlossen werden und in die Meldungen von Staatsanwaltschaft sowie Zoll einfließen. Das soll verhindern, dass Firmen mit Dreck am Stecken Aufträge für den Bau von Brücken, Gebäuden oder für Dienstleistungen bekommen.
Es geht zum Beispiel um Steuerhinterziehung, um die Nichteinhaltung des Mindestlohns und in den schlimmsten Fällen um die Bildung von kriminellen Vereinigungen, um Terrorismusfinanzierung und Menschenhandel. "Solche Unternehmen werden je nach Delikt drei bis fünf Jahre von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen", sagte Mundt. Vergabestellen könnten Firmen zwar trotz Registereintrags
beauftragen, solche Entscheidungen wären aber schwer vor Ort durchzusetzen.
Schon heute gibt es entsprechende Vorschriften, solche Unternehmen nicht zum Zug kommen zu lassen. Allerdings fehlt ein zentrales Portal, um bundesweit den Überblick zu haben. "Das Problem ist, dass der Auftraggeber nicht zuverlässig weiß, ob ein Unternehmen in solch eine Tat verstrickt war", sagte Mundt. "Das wird in der Zukunft über das Wettbewerbsregister systematisch erfasst." Mundt untermauerte seinen Appell an die öffentlichen Vergabestellen - ob bei Kommunen, Land oder Bund -, sich möglichst bald einzutragen.
Internetkonzerne schneller einhegen
Unterdessen laufen unlängst gestartete Verfahren gegen US-Internetgiganten weiter. Im Januar war eine Gesetzesnovelle beschlossen worden, der zufolge das Kartellamt früher eingreifen kann als bisher. Zuvor schritt die Behörde erst ein, wenn ein Unternehmen seine marktbeherrschende Stellung missbraucht hatte. Künftig kann das Kartellamt bestimmte Verhaltensweisen auch vorbeugend untersagen - "also quasi bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist", wie Mundt es formulierte. Das könne dazu beitragen, die Marktmacht großer Plattformen einzuhegen.
Kurz nachdem die Novelle in Kraft trat, legte die Behörde los und leitete zwischen Ende Januar und Mitte Juni sogenannte Festlegungsverfahren gegen Facebook, Google, Amazon und Apple ein. Bei diesen separat voneinander geführten Verfahren geht es um die Frage, ob diesen Firmen eine marktübegreifende Bedeutung für den Wettbewerb zukommt. Ist dies der Fall, kann das Amt in einem nächsten Schritt gewisse Geschäftspraktiken untersagen.
Auf Grundlage des alten Rechts ist das Kartellamts schon mehrfach gegen die Internetwirtschaft vorgegangen, um Schaden von Verbraucherinnen und Verbrauchern und dem Markt abzuwenden. Allerdings dauert es teilweise lange, bis Entscheidungen rechtskräftig werden. Bei der neuen Rechtsgrundlage gehe es schneller, so Mundt. Wann die nächsten Schritte erfolgen, könne er aber nicht prognostizieren, schließlich sei es juristisches Neuland.
Man habe in der Vergangenheit "leidvolle Erfahrungen gemacht, was passiert, wenn die Unternehmen sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln wehren". So dauere ein Rechtsstreit mit Facebook über die verschiedenen Instanzen hinweg schon sehr lange. Bei Entscheidungen auf Basis des neuen § 19a im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) fällt das Oberlandesgericht als Instanz weg und es geht direkt vor den Bundesgerichtshof. "Das ist ein wesentlicher Schritt für die Verkürzung der Gerichtsverfahren."
cp/LTO-Redaktion
Tätigkeitsbericht des Bundeskartellamts: . In: Legal Tribune Online, 23.06.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45285 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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