Haarverlust ist normal – zumindest für Männer ab 30. Mit dieser Begründung wies das BSG die Klage eines 76-jährigen Glatzenträgers auf Übernahme der Kosten für eine Perücke ab. Nur in Ausnahmefällen, wenn der Haarverlust eine entstellende Wirkung habe, müsse die gesetzliche Krankenkasse auch einem Mann ein künstliches Haarteil spendieren, entschied das Gericht am Mittwoch.
Männer ohne Kopfhaare können von der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich keine Perücke beanspruchen. Erst wenn der Haarverlust nicht allein die Kopfbehaarung, sondern auch die übrige Behaarung des Kopfes wie Brauen, Wimpern und Bart erfasst, könne auch bei einem Mann eine entstellende Wirkung vorliegen, die Krankheitswert besitzt und einen Anspruch auf eine Vollperücke verschaffe.
"Die überwiegende Zahl der Männer verliert im Laufe des Lebens ganz oder teilweise ihr Kopfhaar. Dadurch erregen Männer aber weder besondere Aufmerksamkeit im Sinne von Angestarrt-Werden noch werden sie stigmatisiert". Auf das subjektive Empfinden des Betroffenen komme es insofern nicht an, so die Richter.
Bei Frauen dagegen gebe es keinen biologisch bedingten Haarverlust, so das BSG weiter. "Eine Frau ohne Kopfhaar fällt daher besonders auf und zieht die Blicke anderer auf sich. Dieser bei Frauen von der Norm deutlich abweichende Zustand ist, wenn er entstellend wirkt, krankheitswertig, sodass die Versorgung mit einer Perücke bei Frauen Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung sein kann".
Damit wies der 3. Senat die Revision eines 76-Jährigen zurück. Der Mann leidet seit 1983 an vollständiger Haarlosigkeit. Bis 2006 bezahlte die Krankenkasse seine Perücke. Danach wurde der Antrag abgelehnt - zu Recht, wie das Bundessozialgericht (BSG) nun entschied (Urt. v. 22.04.2015, Az. 3 KR 3/14 R).
mbr/LTO-Redaktion
BSG zu Krankenkassenleistungen : . In: Legal Tribune Online, 22.04.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15323 (abgerufen am: 18.11.2024 )
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