Das BSG hat am Dienstag entschieden, dass der als selbständiger Rechtsanwalt tätige und privat krankenversicherte Kläger im streitigen Zeitraum des Jahres 2009 von dem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übernahme seiner Beiträge zur privaten Krankenversicherung in voller Höhe verlangen kann.
Der Kläger konnte nicht mehr wie nach der Rechtslage bis zum 31. Dezember 2008 als Bezieher von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II automatisch Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung werden, sondern musste seine private Krankenversicherung mit einer Beitragsbelastung in Höhe von 207,39 Euro aufrecht erhalten. Eine ausdrückliche Regelung dazu, wie der offene Beitragsanteil auszugleichen ist, findet sich im SGB II nicht.
Nach Ansicht des Bundessozialgerichts (BSG) besteht insofern eine gesetzesimmanente Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit der gesetzlichen Vorschriften. Den Gesetzesmaterialen zu dem GKV-Wettbewerbs-Stärkungsgesetz ließen sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber den privat krankenversicherten Beziehern von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewusst und gewollt einen von ihnen finanziell nicht zu tragenden Beitragsanteil belassen wollte. Die schriftlich niedergelegten Motive enthielten Hinweise auf einen "bezahlbaren Basistarif" und dies berücksichtigende Regelungen, die sicherstellten, dass "die Betroffenen finanziell nicht überfordert werden".
Auch der weitere Regelungszusammenhang spreche für eine gesetzesimmanente Lücke, weil Beiträge für freiwillig krankenversicherte Leistungsempfänger in vollem Umfang und Beiträge zur privaten Krankenversicherung in Fallgestaltungen ganz übernommen würden, in denen dadurch der Eintritt einer Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II vermieden werden könne.
Die planwidrige Regelungslücke bei der Tragung von Beiträgen zur privaten Krankenversicherung sei hinsichtlich der offenen Beitragsanteile daher durch eine analoge Anwendung der Regelung für freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Personen zu schließen. Hieraus ergebe sich eine Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme der Beiträge in voller Höhe (Urt. v. 18.01.2011, Az. B 4 AS 108/10 R).
tko/LTO-Redaktion
BSG: . In: Legal Tribune Online, 19.01.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2363 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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