Drei Jahrzehnte liegen zwischen einem Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim und der möglichen Aufklärung des Verbrechens. Jetzt glaubt die Bundesanwaltschaft, einen Täter gefasst zu haben.
Rund 30 Jahre nach einem Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft mit einem Toten in Saarlouis ist ein Mann festgenommen worden. Der Rechtsextremist werde im Laufe des Tages dem Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof vorgeführt, der ihm den Haftbefehl eröffnen und über den Vollzug der Untersuchungshaft entscheiden werde, teilte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe am Montag mit.
Gegen den Deutschen bestehe der dringende Tatverdacht des Mordes, des versuchten Mordes zum Nachteil von 20 Menschen sowie der Brandstiftung mit Todesfolge. Nach Überzeugung der Behörde hat der heute 50-Jährige im September 1991 aus rassistischer Gesinnung einen Brand in der Stadt im Saarland gelegt.
Vorbild sollen die Anschläge in Hoyerswerda gewesen sein
Zuvor hatte er sich laut Anklagebehörde in einer Gaststätte in Saarlouis mit rechtsextremistischen Gesinnungsgenossen getroffen. Dort sei über die rassistisch motivierten Anschläge auf Unterkünfte für Ausländer in Hoyerswerda gesprochen worden. Die Gesprächsteilnehmer sollen deutlich gemacht haben, dass sie solche Anschläge auch in Saarlouis begrüßen würden. In der sächsischen Stadt Hoyerswerda war es im September 1991 zu schweren rassistischen Ausschreitungen gekommen, an denen sich Hunderte Menschen beteiligten.
Wenige Stunden nach dem Gespräch schritt der Mann nach Darstellung der Anklagebehörde zur Tat. Im Treppenhaus des von Geflüchteten bewohnten Gebäudes habe er Benzin ausgegossen und entzündet. Das Feuer erfasste im Dachgeschoss den 27-jährigen Asylbewerber Samuel Kofi Yeboah aus Ghana. Dieser erlitt schwerste Verbrennungen und eine Rauchvergiftung, an denen er am Tattag starb. Zwei weitere Hausbewohner zogen sich durch Sprünge aus dem Fenster Knochenbrüche zu. Die übrigen 18 Bewohner brachten sich in Sicherheit.
2020 nahm die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen wieder auf
Die Bundesanwaltschaft hatte am 16. April 2020 die Ermittlungen übernommen. Die seinerzeit bei der saarländischen Landesjustiz gegen unbekannt geführten Ermittlungen waren eingestellt worden, da ein Täter nicht ermittelt werden konnte. Auf Grundlage neuer Erkenntnisse nahm laut Bundesanwaltschaft die Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken das Verfahren wieder auf. Es deuteten gravierende Anhaltspunkte auf einen rechtsextremistischen und rassistischen Hintergrund des Anschlags hin.
Durchsuchungen in den Wohnräumen des mutmaßlichen Täters hatte es bereits Anfang 2021 gegeben. Darauf erfolgten umfangreiche Ermittlungen mit vielen Zeugenbefragungen, aus denen sich jetzt der dringende Tatverdacht ergab.
Saarländische Polizei räumt Fehler ein
Die saarländische Polizei hat nun Versäumnisse bei der damaligen Polizeiarbeit eingeräumt. Eine vom Landespolizeipräsidium eingesetzte Arbeitsgruppe "Causa" habe festgestellt, dass die damalige Organisationsstruktur in Teilen nicht richtig funktioniert habe, teilte die Polizei am Montag in Saarbrücken mit. So seien "Defizite etwa bei der Erhebung, Bewertung und Weitergabe von Informationen" festgestellt worden.
Landespolizeipräsident Norbert Rupp teilte mit: "Ich entschuldige mich im Namen des Landespolizeipräsidiums dafür, dass offensichtlich auch Defizite in der damaligen Polizeiarbeit zur Einstellung der Ermittlungen geführt haben." So etwas dürfe sich "nicht wiederholen" - die Polizei habe inzwischen Schwachstellen beseitigt und "Qualitätsstandards" eingeführt.
ast/dpa/LTO-Redaktion
Nach Brandanschlag vor 30 Jahren: . In: Legal Tribune Online, 04.04.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48033 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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