Zahlungsunfähigkeit soll nicht in Altersarmut münden, entschied der BGH in einer Entscheidung vom Donnerstag. Ansprüche aus einem Riester-Renten-Vertrag dürften daher nicht gepfändet werden.
Mit der Einführung der Riester-Rente wollte die Regierung deutschen Sparern eine solide Vorsorgemöglichkeit für das Alter bieten. Unabhängig vom Erfolg dieses Projekts muss auch das Zivilprozessrecht vor diesem Hintergrund gelesen werden, wie eine aktuelle Entscheidung zeigt: Eine geförderte Riester-Rente darf bei Insolvenz des Berechtigten nicht gepfändet werden, entschied am Donnerstag der Bundesgerichtshof (BGH) (Urt. v. 16.11.2017, Az. IX ZR 21/17).
Eine Frau hatte im Jahr 2010 bei ihrer Bank einen Vertrag über eine Riester-Rente abgeschlossen, geriet allerdings bald darauf in finanzielle Schwierigkeiten. Nachdem sie Beiträge in Höhe von insgesamt 333 Euro gezahlt hatte, stellte die Bank den Versicherungsvertrag auf Antrag der Frau beitragsfrei. 2014 eröffnete das zuständige Amtsgericht das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen und der Insolvenzverwalter kündigte den Riester-Vertrag.
Die Bank verweigerte daraufhin allerdings die Auszahlung des angesparten Betrages und erklärte, dieser sei unpfändbar. Das Amtsgericht wies die daraufhin vom Insolvenzverwalter eingereichte Klage ab, ehe das Landgericht auf Zahlung eines Teilbetrages entschied. Hiergegen wehrte sich die Bank nun vor dem BGH.
Insolvenzverwalter sah keinen Pfändungsschutz
Der u. a. für das Insolvenzrecht zuständige IX. Zivilsenat gab ihr Recht: Bei Ansprüchen aus der Riester-Rente handele es sich um Forderungen, die nicht zur Insolvenzmasse gehörten und somit auch nicht gepfändet werden dürften. Dies habe der Gesetzgeber mit einer Neuregelung im Jahr 2007 bezweckt.
Dabei handelt es sich um § 851c Zivilprozessordnung (ZPO), der dem Schuldner den Aufbau einer angemessenen Alterssicherung ermöglichen soll. Danach darf dieser jährlich einen bestimmten Betrag auf der Grundlage eines in Absatz 1 der Norm bezeichneten Vertrags bis zu einer Gesamtsumme von 256.000 Euro ansparen, der nicht gepfändet werden kann.
Verträge nach Abs. 1 sind u. a. solche, die Ansprüche enthalten, welche nicht übertragen werden können. § 97 Einkommenssteuergesetz (EStG) sieht vor, dass Ansprüche aus der staatlich geförderten Altersvorsorge nicht übertragen werden können.
Der Insolvenzverwalter hatte im Verfahren gegen diese Sichtweise argumentiert. Der Frau habe ein Kündigungsrecht zugestanden, was dazu führe, dass der Rentenvertrag nicht vom Schutz des § 851c ZPO umfasst sei und somit gepfändet werden könne.
BGH: Gesetzgeber wollte Riester-Rente schützen
"Der Normalfall eines unpfändbaren Rentenanspruchs ist eigentlich der, dass er zum Einen aufgrund eines Vertrages gewährt wird und der Vertrag zum Anderen auch nicht vorher gekündigt werden kann", erklärt dazu der Insolvenrechtler Andre Kraus von der Kanzlei Kraus Ghendler gegenüber LTO. Dies folge aus dem Erfordernis der Unverfügbarkeit in § 851c Abs. 1 Nr. 2 ZPO.
Das widerspreche aber der gesetzgeberischen Wertung, urteilten nun die Bundesrichter. Man habe mit der Norm gerade im Sinn gehabt, den Schutz der Altersvorsorge auszuweiten und nicht zusätzliche Anforderungen daran zu stellen. Somit seien auch kündbare Verträge dem Schutz der Norm zu unterstellen.
Die Entscheidung nennt Kraus "eine schöne Bestätigung" für die schon zuvor von vielen Schuldnerberatern vertretene Auffassung, wenngleich eine streng am Wortlaut orientierte Auslegung der Norm etwas anderes gebiete.
Allerdings, stellte der BGH klar, hänge der Pfändungsschutz für das in einem Riester-Vertrag angesparte Kapital davon ab, ob die Altersvorsorge auch tatsächlich durch eine Zulage gefördert worden sei. Dies sei allerdings schon dann anzunehmen, wenn die Voraussetzungen für eine Förderung vorlagen und ein entsprechender Antrag gestellt war. Da dies zwischen den Parteien streitig war, verwies der Senat die Sache zur weiteren Aufklärung an das Landgericht zurück.
mam/LTO-Redaktion
BGH zur Zwangsvollstreckung in die Altersvorsorge: . In: Legal Tribune Online, 16.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25561 (abgerufen am: 18.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag