Laut BGH ist die Revision eines Angeklagten unbegründet, der gehofft hatte, neben einer Freiheitsstrafe auch zu einer Geldstrafe verurteilt zu werden, um damit eine geringere Freiheitsstrafe zu bekommen.
Grundsätzlich kennt das Strafgesetzbuch (StGB) mit der Freiheitsstrafe und der Geldstrafe zwei Sanktionen, die alternativ und nicht nebeneinander verhängt werden. Eine Ausnahme hiervon stellt § 41 StGB dar. Dieser erlaubt für den Fall, dass sich der Täter durch die Tat bereichert oder zu bereichern versucht hat, dass neben einer Freiheitsstrafe auch eine Geldstrafe verhängt wird – wenn dies auch unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters angebracht ist. Hauptanwendungsfälle sind typischerweise Verurteilungen wegen Vermögensdelikten.
In einer am Freitag veröffentlichten Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) machte der 3. Strafsenat nunmehr klar, in welchem Verhältnis Freiheitsstrafe und Geldstrafe im Sinne von § 41 StGB stehen und ob die Nichtverhängung einer ergänzenden Geldstrafe den Täter beschwert und deshalb eine Revision begründet (Urt. V. 24. März 2022, Az. 3 StR 375/20). Diese Leitsatzentscheidung könnte bei künftigen Revisionsklausuren im Strafrecht durchaus eine Rolle spielen.
Vom Landgericht Osnabrück (LG) war ein Mann wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Im Rahmen seiner Revision rügte er unter anderem, dass das Gericht im Urteil nicht nach § 267 Abs.3 Satz 2 und 4 Strafprozessordnung (StPO) erörtert habe, warum es seinem Antrag bzw. dem seiner Verteidigung, neben einer Freiheitsstrafe nach § 41 StGB auch eine Geldstrafe zu verhängen, nicht gefolgt war. Das Kalkül des Mannes: Hätte das Gericht ihm eine zusätzliche Geldstrafe aufgebrummt, wäre sehr wahrscheinlich seine Freiheitsstrafe niedriger ausgefallen.
"Vorschrift mit Ausnahmecharakter"
Der 3.Strafsenat musste den Mann und seinen Prozessvertreter nun auf ganzer Linie enttäuschen:
Zum einen habe bereits keine Erörterungspflicht für das LG im Urteil bestanden. Ob im konkreten Fall eine zusätzliche Geldstrafe auszusprechen sei, stehe im pflichtgemäßen Ermessen des Tatgerichts. Nur die Verhängung einer Geldstrafe bedürfe einer Begründung im Urteil (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO); die Nichtverhängung indes müsse regelmäßig nicht im Urteil ausdrücklich erwähnt oder begründet werden.
Denn liege die Anwendung des § 41 StGB in einer konkreten Fallkonstellation nahe, sei das Tatgericht gehalten, jedenfalls erkennen zu lassen, dass es diese Vorschrift in Betracht gezogen hatte. Dies hat der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in einem anderen Fall angenommen, in dem die Straftaten zu "erheblichen Gewinnen" geführt hatten, durch die der Angeklagte "ein beträchtliches Vermögen erworben" hatte (vgl. BGH, Urt. v. 06.11.1990, Az. 1 StR 718/89). Nach diesen Maßstäben, so der 3.Strafsenat, habe im konkreten Fall keine Erörterungspflicht bestanden. Erhebliche Gewinne hätten nicht vorgelegen. Im Übrigen handele es um eine Vorschrift mit Ausnahmecharakter, was für sich genommen bereits eine Ausdehnung der Erörterungspflicht nicht nahelege.
BGH: "Geldstrafe soll Täter besonders wirksam treffen"
Von größerer Bedeutung als diese Ausführungen dürfte schließlich die Einschätzung des BGH zum Sinn und Zweck des § 41 StGB sein: Zwar solle durch die zusätzliche Geldstrafe "in geeigneten Fällen es auch ermöglicht [werden], die Freiheitsstrafe niedriger zu halten". Darin aber, so der BGH, liege nicht der vordringliche Sinn und Zweck der Vorschrift.
Vielmehr solle das Tatgericht die Möglichkeit haben, eine Geldstrafe neben einer Freiheitsstrafe zu verhängen, um Täter besonders wirksam zu treffen, bei denen Vermögensvorteile ein bestimmendes Tatmotiv waren, weil nicht immer im Wege der Einziehung oder des Verfalls auf das Vermögen solcher Täter Zugriff genommen werden könne. Jedenfalls primär solle die Anwendung des § 41 StGB den Täter daher zusätzlich belasten, seine Nichtanwendung ihn im Gegensatz dazu nicht beschweren.
Sähe man das anders, hätte dies nach Ansicht des BGH nachhaltigen Folgen. Es bestünde dann eine weitreichenden Erörterungspflicht der Tatgerichte in nahezu allen Fällen, in denen der Täter sich durch die Tat bereichert hat - und zwar mit der Argumentation, die Verhängung einer zusätzlichen Geldstrafe hätte mit einer geringeren Bemessung der zugleich ausgeurteilten Freiheitsstrafe einhergehen müssen. "Auch dies liefe der gesetzlichen Konzeption des § 41 StGB als Ausnahmevorschrift zuwider", so die Karlsruher Richterinnen und Richter.
BGH zum Nebeneinander strafrechtlicher Sanktionen: . In: Legal Tribune Online, 13.05.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48449 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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