Die Karlsruher Richter hatten zu klären, ob ein Händler Originalmarkenware oder Produktfälschungen vertrieben hat und ob die Waren - soweit es sich um echte "Chucks" handelt - vom Markeninhaber Converse im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind. In dem Urteil vom Donnerstag äußerte sich der I. Zivilsenat auch zur Beweislast in solchen Fällen.
Geklagt hatte die in den USA ansässige Converse Inc. Sie produziert und vertreibt den als "Converse All Star Chuck Taylor" bekannten Freizeitschuh. Sie ist Inhaberin der Marke "CONVERSE". Das beklagte Unternehmen handelt mit Sportschuhen. Es belieferte verschiedene Handelsgruppen mit Converse-Schuhen. Im September 2008 bot ein Verbrauchermarkt in Solingen von der Händlerin gelieferte Schuhe an, die mit der Marke der Converse Inc. versehen waren. Die Markeninhaberin hat behauptet, dabei habe es sich um Produktfälschungen gehandelt und die Händlerin auf Unterlassung in Anspruch genommen. Letztere berief sich darauf, dass die von ihr gelieferten Schuhe mit Zustimmung der Converse Inc. in Europa in Verkehr gebracht worden seien, so dass Erschöpfung des Markenrechts eingetreten sei.
Das Landgericht Stuttgart hat dem Unterlassungsbegehren im Wesentlichen stattgegeben, das Oberlandesgericht Stuttgart die Klage abgewiesen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob dieses Urteil am Donnerstag auf und verwies die Sache an das Berufungsgericht zurück (Urt. v. 15.03.2012, Az. I ZR 52/10).
Nach Ansicht der Karlsruher Richter steht fest, dass die Beklagte im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG im geschäftlichen Verkehr mit der Marke der Klägerin identische Zeichen für identische Waren verwendet hat, für welche die Marke Schutz genießt. Dies stellt eine Markenverletzung dar, wenn es sich nicht um Originalmarkenware handelt, die von der Converse Inc. als Markeninhaberin oder mit ihrer Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden ist. Im Streitfall seien diese Umstände ungeklärt. Für die Frage, ob es sich um Originalmarkenware handelt, sei grundsätzlich die beklagte Händlerin beweispflichtig. Allerdings müsse der Markeninhaber, der eine Produktfälschung behauptet, zunächst Anhaltspunkte oder Umstände vortragen, die für eine Fälschung sprechen. Dem sei die Markeninhaberin hier nachgekommen.
Beweisregel gilt nicht bei Vertriebssystem
Die Händlerin treffe auch die Beweislast dafür, dass die in Rede stehende Ware von der Converse Inc. oder mit deren Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden ist und die Markenrechte danach gemäß § 24 MarkenG erschöpft sind. Diese Beweisregel gelte allerdings nicht, wenn der Markeninhaber ein Vertriebssystem errichtet hat, mit dem er den grenzüberschreitenden Weiterverkauf der Waren im Binnenmarkt - also Parallelimporte - verhindern kann und wenn die tatsächliche Gefahr der Marktabschottung besteht, falls der Händler die Lieferkette offenlegen muss. Der Markeninhaber könnte in einer solchen Fallkonstellation bei einer Offenlegung der Lieferbeziehungen auf den Vertragshändler mit dem Ziel einwirken, Lieferungen an außerhalb des Vertriebssystems stehende Händler künftig zu unterlassen.
Im Streitfall bestehe aber weder aufgrund der dem Vertriebssystem der Converse Inc. zugrundeliegenden vertraglichen Absprachen noch aufgrund eines tatsächlichen Verhaltens der Klägerin eine solche Gefahr der Marktabschottung.
Da nicht feststeht, ob es sich um Originalmarkenware handelt, die vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden ist, hat der BGH die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen werden.
tko/LTO-Redaktion
BGH zur Beweislast: . In: Legal Tribune Online, 16.03.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5804 (abgerufen am: 25.11.2024 )
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