Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat einen Eilantrag gegen das neu gefasste Polizeiaufgabengesetz des Freistaates abgelehnt. Die deutliche Kritik konnte die Richter nicht überzeugen - ihre endgültige Entscheidung steht aber noch aus.
Ein Eilantrag gegen das umstrittene bayerische Polizeiaufgabengesetz (PAG) ist vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH) zurückgewiesen worden. Damit bleibt das Gesetz fürs Erste in Kraft. Wie der Gerichtshof am Dienstag mitteilte, hat die Popularklage gegen das Gesetz in wesentlichen Punkten "nach überschlägiger Prüfung (...) offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg" (Beschl. v. 07.03.2019; Az. 15-VII-18). In der Hauptsache läuft das Verfahren noch.
Die Kläger hatten sich mit der Popularklage vor allem gegen die Ausdehnung der Generalklausel in Art. 11 Abs. 3 PAG gerichtet. Diese verlegt in ihrer Neufassung die Schwelle für zulässige Grundrechtseingriffe nach vorne, indem sie nun an den Begriff der "drohenden Gefahr" anknüpft, der sich seit der Novelle auch in einigen Spezialermächtigungen wiederfindet. Der unbestimmte Begriff verletze das Gebot der Normenklarheit und stelle einen unverhältnismäßigen Freiheitseingriff dar, so der Antrag.
Die Popularklage gibt es nur in Bayern. Jeder Bürger kann sich damit an den Bayerischen Verfassungsgerichtshof in München wenden und prüfen lassen, ob ein Gesetz oder eine Verordnung mit der Landesverfassung in Einklang steht.
Weiterhin wurde durch das Gesetz auch die mögliche Dauer des Unterbindungsgewahrsams ohne Nachweis einer konkreten Gefahr deutlich erhöht, was aber keinen präventiven, sondern strafrechtlichen Charakter habe, so die Kläger. Für eine solche Regelung fehle dem Landesgesetzgeber schon die Gesetzgebungskompetenz. Aus diesem Grund beantragte man, die Vollziehung der angegriffenen Normen bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen. Der bayerische Landtag hielt dem Eilantrag entgegen, eine Außervollzugsetzung einiger Vorschriften des PAG könne zu großen Gefahren für hochrangige Rechtsgüter wie Leib und Leben führen.
Der Gerichtshof gab zwar zu bedenken, "dass vor allem Freiheitsentziehungen für die Betroffenen äußerst schwerwiegende Grundrechtseingriffe beinhalten". Doch folgte man letztlich der Argumentation des Landtags und führte aus, dass die möglichen Folgen einer Außervollzugsetzung schwerer wögen als wenn das Gesetz weiter vollumfänglich angewendet werde.
Beim Verfassungsgerichtshof sind noch weitere Klagen gegen das PAG anhängig, darunter von SPD und Grünen. Kritiker bemängeln auch, dass laut PAG beispielsweise Online-Durchsuchungen schon bei einer drohenden und nicht erst bei einer konkreten Gefahr möglich sind.
dpa/mam/LTO-Redaktion
VerfGH lehnt Eilantrag ab: . In: Legal Tribune Online, 12.03.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/34335 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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