Menschenverachtende Kommentare sind im Netz an der Tagesordnung. Bayern verschärft nun den Kampf dagegen - und ernennt den ersten Hate-Speech-Beauftragten des Landes.
Hasskommentare im Internet sind ein Massenphänomen. Bayern verschärft nun den Kampf gegen die Verrohung im Netz und hat den ersten Hate-Speech-Beauftragten des Landes installiert. Der Oberstaatsanwalt Klaus-Dieter Hartleb soll sich künftig an vorderster Front um die Bekämpfung von Hass im Netz kümmern. Bei seiner offiziellen Vorstellung am Mittwoch in München kündigte er eine harte Hand an und "angemessen hohe Strafen". Die Einstellung solcher Verfahren wegen Geringfügigkeit soll künftig nur noch in absoluten Ausnahmefällen möglich sein.
"Hassrede gab es ja schon immer, aber im Internet hat sich etwas zusammengebraut, das eine echte Gefahr für unsere Demokratie ist", sagte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU). "Wir merken, dass aus Hass reale Gewalt werden kann."
Kommentare gegen Asylbewerber
Hartleb brachte zu seiner offiziellen Vorstellung Beispiele mit. "Die sind nicht besonders herausgehoben, sondern normale, durchschnittliche Fälle", kommentierte er. 155 Menschen wurden inzwischen beispielsweise rechtskräftig verurteilt, weil sie eine Demonstration von Asylbewerbern in Deggendorf, die von der AfD Bayern per Live-Stream im Internet verbreitet wurde, auf abstoßende Weise kommentiert hatten. Gegen 259 zunächst unbekannte Täter wurde ursprünglich ermittelt, 195 Verfahren wurden geführt.
Eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen gab es in diesem Zusammenhang für Kommentare wie "Ne Bombe rein.. Trifft man keinen falschen. Dreckspack", "Wozu hatt die Polizei Waffen reinfeuern den es sind mörder und Frauen schänder" oder "Heimreise und eine athombome hinterher" (alle Fehler im Original). In allen Fällen handelte es sich um geständige Ersttäter.
Für die Äußerung "Wo nehmen sich diese tiere das recht her noch vorderungen zu stellen? Wen euch es hier nicht gefällt da ab uns bananenboot und ab nach hause. Einfach nur ekelhafte menschen" (Fehler im Original) gab es eine Freiheitsstrafe von drei Monaten auf Bewährung.
Hate-Speech-Beauftragter koordiniert Sonderdezernate
Ein mehrfach vorbestrafter Familienvater bekam vom Amtsgericht (AG) Schwabach für seinen Kommentar eine Haftstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung. Er hatte öffentlich lesbar unter einen Medienbericht zur Eröffnung eines Flüchtlingsheimes geschrieben: "Also wenn die noch nicht ganz fertig sind würd ich mich zur Verfügung stellen die Heizung zu installieren! Ups da hab ich doch glatt aus versehen n paar Löcher in die gasleitungen gemacht...Sorry..;-)" (Fehler im Original). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Bei allen 22 bayerischen Staatsanwaltschaften sind inzwischen Sonderdezernate für die Bekämpfung von Hate-Speech eingerichtet worden. Der neue Beauftragte Hartleb soll diese Dezernate koordinieren und ist als zentrale Anlaufstelle bei der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) der Generalstaatsanwaltschaft München angesiedelt.
Er soll künftig beispielsweise für das neue Online-Verfahren zuständig sein, das es Kommunalpolitikern erleichtern soll, sich bei Online-Straftaten an die Justiz zu wenden. Außerdem soll er herausgehobene Ermittlungsverfahren führen, etwa solche, bei denen Morddrohungen gegen Politiker ausgesprochen werden.
dpa/mgö/LTO-Redaktion
Hass im Netz: . In: Legal Tribune Online, 12.02.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/40251 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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