Weibliche Bedienstete einer Justizvollzugsanstalt dürfen männliche Strafgefangene nicht ohne Weiteres durch einen Spion oder ein Fenster zum Haftraum kontrollieren, ohne dies vorher anzukündigen. Denn die Intimsphäre eines Gefangenen sei zu schonen, indem er eine etwaige Blöße vorher bedecken könne, urteilte das OLG Hamm.
Über Sichtkontrollen weiblicher Justiz-Angestellter hatte sich ein Gefangener aus dem Gefängnis in Aachen beschwert. Die Anstaltsleitung hatte nach einem Selbsttötungsversuch die Überwachung angeordnet. Alle 15 Minuten blickt dabei ein Wärter durch ein Fenster in den Haftraum. Dreimal sahen dabei Wärterinnen den 37-jährigen Mann nackt. Dagegen hatte er am Landgericht (LG) Aachen Beschwerde eingelegt, war aber gescheitert.
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat den Beschluss nun aufgehoben und die Sache nach Aachen zurückverwiesen (Urt. v. 19.03.2015, Az. 8 AZR 67/14). Mit seinem Urteil stärkt es den Schutz der Intimsphäre männlicher Strafgefangener.
Sichtkontrollen durch weibliche Justiz-Angestellte seien zwar grundsätzlich rechtens. Es müsse aber eine Regelung gefunden werden, die durch das Grundgesetz geschützte Intimsphäre des Gefangenen zu schonen. Denkbar sei zum Beispiel eine Ankündigung der Kontrolle durch ein Klopfzeichen. Dies müsse aber so geschehen, dass zwischen Ankündigung und Kontrolle kein Suizid möglich sei, der Sicherungszweck also nicht gefährdet werde.
dpa/age/LTO-Redaktion
OLG Hamm zur Intimsphäre Strafgefangener: . In: Legal Tribune Online, 20.03.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15006 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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