Wird die Abfindung grundsätzlich individuell berechnet, muss dies auch für behinderte Arbeitnehmer gelten. Ein geringerer Pauschalbetrag aufgrund ihres Rentenanspruchs ist diskriminierend, urteilte das BAG am Dienstag.
Wollen Arbeitgeber Regelungen zu Abfindungen für verschiedene Arbeitnehmergruppen in einem Sozialplan treffen, haben sie hierbei die Diskriminierungsverbote des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu beachten. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat nun einen Arbeitgeber aus NRW verurteilt, dem schwerbehinderten Kläger weitere 30.000 Euro zu zahlen. Bislang hatte der Mann nur die für Behinderte vorgesehene pauschale Abfindung erhalten. Die entsprechende Regelung ist jedoch rechtswidrig, so das Urteil (v. 17.11.2015, Az. 1 AZR 938/13).
Der angegriffene Sozialplan sieht eine Abfindung vor, die sich individuell aus dem Bruttomonatsgehalt, der Länge der Betriebszugehörigkeit und einem Berechnungsfaktor zusammensetzt. Für ältere Arbeitnehmer, die ein Jahr nach ihrem Ausscheiden aus dem Betrieb die Altersrente in Anspruch nehmen können, ist die Abfindung jedoch auf maximal 40.000 Euro begrenzt.
Für Schwerbehinderte gilt dagegen eine andere Regelung. Da sie aufgrund ihrer Behinderung stets eine Rente beanspruchen, wird ihre Abfindung nicht individuell berechnet. Stattdessen erhalten sie eine Abfindungspauschale von insgesamt 11.000 Euro.
Ein ehemaliger Mitarbeiter des Unternehmens, der selbst schwerbehindert ist, zog hiergegen vor Gericht und hatte in allen Instanzen Erfolg. Er machte geltend, dass er zwar die Pauschale erhalten habe, ihm jedoch aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit im Unternehmen nach der Formelberechnung fast 65.000 Euro zustünden. Weil der im Jahr 1950 geborene Mann jedoch schon nah an der Grenze zur Altersrente ist, klagte er hiervon nur 30.000 Euro ein.
Auch die Erfurter Richter gaben ihm am Dienstag Recht und verwarfen die Revision des Arbeitgebers. Wenn ein Sozialplan bei der Berechnung der Abfindung zwischen unterschiedlichen Arbeitnehmergruppen differenziere, so müssten die Regelungen des AGG beachtet werden. Ein pauschaler Abfindungsbetrag für Arbeitnehmer, die wegen ihrer Schwerbehinderung rentenberechtigt seien, stelle eine unmittelbar an das Merkmal der Behinderung geknüpfte Ungleichbehandlung dar. Dies Betroffenen seien auch benachteiligt, weil ihnen sonst eine höhere Abfindung zustehen würde.
Daher entschieden die Richter, dass diese betriebliche Regelung gemäß § 7 Abs. 2 AGG nicht angewendet werden darf.
una/dpa/LTO-Redaktion
BAG zu Abfindungsregelung: . In: Legal Tribune Online, 17.11.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17571 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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