Eine Frau hat trotz Symptomen einer Infektion mit dem Coronavirus ein Krankenhaus betreten. Das Ergebnis eines PCR-Tests war noch nicht da. Für eine Strafbarkeit fehle jedoch der subjektive Tatbestand, so das AG.
Obwohl das Corona-Testergebnis aus dem Labor noch nicht vorlag, hat eine Frau im Oktober 2020 mitten in der Pandemie ihre frisch operierte Tochter in einem Krankenhaus im Harz besucht. Möglicherweise sei es moralisch verwerflich, urteilte das Amtsgericht (AG) Quedlinburg am Dienstag. Aus rechtlichen Gründen sei die Angeklagte aber freizusprechen. Die Staatsanwaltschaft hatte die heute 72-Jährige wegen Hausfriedensbruchs und versuchter gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig (Urt. v. 10.08.2021, Az. 2 DS 812/Js 84948/20)
Der pensionierten Lehrerin konnte laut Begründung in der ersten Instanz nicht nachgewiesen werden, dass sie mit Vorsatz oder auch fahrlässig gehandelt habe. "Es ist leider nicht gesetzlich geregelt, wie man sich zwischen einem Test und dem Testergebnis verhalten soll", sagte die Richterin Antje Schlüter. Nach Auffassung des Gerichts handele es sich stattdessen um Empfehlungen des Bundesgesundheitsministeriums und des Robert Koch-Instituts (RKI), wie man sich verhalten sollte, um etwa Kontakte zu vermeiden.
Die Angeklagte hatte ausgesagt, sie habe sich Sorgen um ihre Tochter gemacht. Sie sei davon ausgegangen, dass es sich bei ihren Symptomen, die sie einige Tage vor dem Krankenhausbesuch hatte, um Nebenwirkungen einer Grippeschutzimpfung gehandelt habe. Zwischenzeitlich habe sie sich wieder gut gefühlt. Sie sei erschrocken gewesen als sie nach dem Klinikbesuch vom Gesundheitsamt das positive Corona-Testergebnis erfahren habe. Nach Angaben ihres Verteidigers veranlasste die Frau dann, die Klinik zu informieren.
"Überhaupt keine Gedanken gemacht"
In der Urteilsbegründung hieß es, die Angeklagte sei nicht davon ausgegangen, dass sie sich mit dem Coronavirus infiziert habe. Zugleich gab die Richterin zu bedenken, da das PCR-Testergebnis noch ausstand, dass sich die Angeklagte "letztlich überhaupt keine Gedanken gemacht hat".
Das Amtsgericht folgte mit seiner Entscheidung dem Antrag der Verteidigung. Die Staatsanwaltschaft hatte für die Frau eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung gefordert. Unklar ist, ob sie in Berufung gehen wird. "Das Urteil prüfen wir in Ruhe", sagte der Staatsanwalt. Das Klinikum hatte die Frau angezeigt. Nach Angaben eines Sprechers galt es den Fall öffentlich zu machen, weil man so wie die Angeklagte nicht handeln dürfe.
Auf der Erklärung, die alle Besucher des Klinikums ausfüllen müssen, hatte die Frau laut Staatsanwaltschaft angegeben, keine Symptome einer Coronavirus-Infektion zu haben. Dabei hatte sie sich kurz zuvor in einer Fieberambulanz außerhalb der Klinik testen lassen, ohne das Ergebnis des PCR-Tests abzuwarten. Das Gesundheitsamt meldete das positive Testergebnis der Klinik. In der Konsequenz musste unter anderem eine Operation einer Mitpatientin verschoben werden.
dpa/pdi/LTO-Redaktion
AG Quedlinburg: . In: Legal Tribune Online, 10.08.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45703 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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