Um zu kontrollieren, ob seine Untermieter den Müll trennen und sauber sind, ließ ein Mann eine Kamera in der Wohnung anbringen. Seine fragwürdige Begründung dafür schmetterte das AG München ab, die Untermieter durften fristlos kündigen.
Wer als (Unter-)Vermieter eine Kamera im Flur einer Wohngemeinschaft anbringt, kann von seinen Mietern nicht erwarten, dass sie den Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist abwarten. In solchen Fällen sind diese berechtigt, außerordentlich zu kündigen und Mietzahlungen sofort einzustellen. Zu diesem Ergebnis kam das Amtsgericht München (AG, Urt. v. 28.05.2019, Az. 432 C 2881/19).
Der Mann betrieb in der Wohnung selbst nur noch ein Büro und vermietete die restlichen Zimmer möbliert an andere Bewohner unter. Sie waren zur Mitnutzung von Bad, Dusche, WC und Küche berechtigt und bedurften der ausdrücklichen Zustimmung, wenn sie "weitere Möbel und/oder Elektrogeräte" aufstellen wollten, hieß es im Mietvertrag. So weit, so gewöhnlich.
In der Vereinbarung fand sich aber zudem der Hinweis, dass eine Kamera "vor der Haustür" aus Sicherheitsgründen angebracht sei. Die Kamera befand sich dabei aber nicht, wie man einer solchen Klausel entnehmen dürfte, vor der Wohnungstür, sondern vor der Zimmertür eines Untermieters, wo sie auch bis in den gemeinsamen Flur hinein filmte. Der Mann versuchte das damit zu begründen, dass die Zimmertür ja streng genommen auch die "Haustür" sei, da die Untermieter als "Wohnung" schließlich nur das Zimmer angemietet hätten. Außerdem sei die Kamera erforderlich, um überprüfen zu können, ob denn auch wirklich jeder die Wohnungstür abschließe, den Müll trenne und "Brotkrümel und Kaffeeflecken" unverzüglich entferne, wie es ausdrücklich vereinbart war.
AG: Permanente Überwachung nicht ansatzweise begründbar
Der zuständige Richter am AG München hielt von dieser Argumentation wenig und gab dem Untermieter Recht, der nach vier Monaten fristlos gekündigt und daraufhin keine Miete mehr gezahlt hatte. Das war sein gutes Recht, entschied der Richter. Die fristlose Kündigung sei wirksam, da es dem Untermieter nicht zugemutet werden könne, bei dieser Form der Videoüberwachung den Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist abzuwarten.
Die Anbringung der Kamera könne der Mann, der die Zimmer zur Untermiete zur Verfügung stellt, "nicht ansatzweise auf einen tragfähigen Grund" stützen, wie es in einer Mitteilung des Gerichts heißt. Denn zunächst lege der Wortlaut der Klausel, die die Anbringung der Kamera gestattet, nahe, dass eine solche nur "im Freien vor der Haustür" vorgesehen ist. Weitaus gravierender sei aber noch der Umstand, dass die Kamera auch den Bereich des Flures aufzeichnete, der zum Badezimmer führte. "Bei realitätsnaher Betrachtung", so das AG, sei davon auszugehen, dass das Badezimmer nicht immer vollbekleidet aufgesucht wird, so der Richter weiter.
Dieser Eingriff in das Persönlichkeitsrecht müsse nicht hingenommen werden, zumal es in dem Verfahren unstreitig war, dass die Aufzeichnungen der Kamera regelmäßig ausgewertet wurden. Dass die Kamera dabei auch dem Schutze der Untermieter dient, wenn aufgezeichnet wird, ob die Haustür zugezogen wird, könne zwar stimmen, wiege den schweren Eingriff aber nicht im Ansatz auf, resümierte der Münchner Richter.
tik/LTO-Redaktion
AG München zur Videoüberwachung in einer WG: . In: Legal Tribune Online, 07.06.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/35817 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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