Ein Internetportal, das schwulenfreundliche Gastgeber vermittelt, ist zur Weitergabe von deren Daten verpflichtet. Zumindest dann, wenn bei der aktuellen Mängellage auf dem Berliner Wohnungsmarkt der Verdacht einer Zweckentfremdung besteht.
Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hat ein Auskunftsverlangen des Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg gegen ein Internetportal, das Unterkünfte von "schwulen oder schwulenfreundlichen" Gastgebern vermittelt, in einem Eilverfahren als rechtmäßig bestätigt. Das Verlangen sei von dem Zweckentfremdungsverbot-Gesetz gestützt, heißt es in einer Mitteilung des Gerichts (Beschl. v. 27.03.2017, Az. VG 6 L 250.17). Das 2014 in Kraft getretene Gesetz sieht vor, dass Wohnraum auch als solcher genutzt und nicht in Gewerbeflächen umgewandelt oder vorübergehend an Touristen vermietet werden soll.
Das Internetportal vermittelt private Unterkünfte von schwulen oder schwulenfreundlichen Gastgebern für kurze Zeiträume. Die Startseite öffnet mit dem Spruch "Deine Möglichkeit 100%ig gay zu reisen! #1 Reise-Community für Schwule, Lesben & Freunde". Die Wohnungen werden auf einer Übersichtskarte des Stadtgebietes dargestellt, wobei weder der Wohnungsinhaber noch die genaue Anschrift erkennbar ist.
Daten der Gastgeber besonders sensibel?
Das Bezirksamt forderte den Portalbetreiber auf, Auskunft über die Wohnungsanschrift, Namen und Anschrift des Wohnungsinhabers und die seit Mai 2016 geschlossenen Mietverträge für acht der über hundert für den Berliner Raum angebotenen Objekte zu erteilen. Es bestehe der Verdacht der Zweckentfremdung dieser Wohnungen. Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet.
Mit einem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wehrte sich der Geschäftsführer gegen die Anordnung der Offenlegung. Es handele sich um besonders sensible personenbezogene Daten, zu deren Herausgabe er weder berechtigt noch verpflichtet sei. Da die Daten generell schwule und lesbische Nutzer und Nutzerinnen beträfen, lasse sich deren sexuelle Orientierung eindeutig feststellen, so dass Missbrauch zu befürchten sei.
Diesen Antrag hat das Berliner Gericht zurückgewiesen. Nach einer summarischen Prüfung erweise sich das Auskunftsverlangen als offensichtlich rechtmäßig.
VG: Kein zwingender Rückschluss auf Homosexualität
Für die acht Wohnungen bestehe der begründete Verdacht einer Zweckentfremdung von Wohnraum. Da die Wohnungen auf dem Internetportal zur tage- oder wochenweise Anmietung zur Alleinnutzung angeboten würden, handele es sich um zweckentfremdungsrechtlich relevante Buchungsvorgänge. Schutzwürdige Belange der betroffenen Wohnungsinhaber stünden der Datenerhebung nicht entgegen.
Mit dem Auskunftsverlangen würden keine Daten über das Sexualleben der Wohnungsinhaber erhoben. Diese ergäben sich auch nicht mittelbar aus dem Gesamtzusammenhang. Denn die Angabe, dass eine Person eine Unterkunft über das Internetportal vermietet, lasse keinen zwingenden Schluss auf ihre Homosexualität zu. Auf dem Internetportal werde eine bestimmte Sexualität des Vermieters nicht grundsätzlich vorausgesetzt, vielmehr würden die Vermieter dort auch als "schwulenfreundlich" bzw. "Freunde" bezeichnet.
Schließlich bestehe ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Auskunftsverlangens, da die aktuelle Mängellage auf dem Berliner Wohnungsmarkt besonders ausgeprägt sei. Dem Bezirksamt sei es erst mit den begehrten Auskünften möglich, die Wohnungsinhaber anzuhören, den Sachverhalt zügig aufzuklären und den möglicherweise rechtswidrigen Zustand umgehend zu beenden.
Gegen den Beschluss kann noch Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg eingelegt werden.
mgö/LTO-Redaktion
Auskunftanspruch gegen spezielles Wohnungsvermittlungsportal: . In: Legal Tribune Online, 31.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22537 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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