Eine VW-Kundin hatte nach Klageerhebung in Sachen VW-Abgasskandal ihr Fahrzeug weiterverkauft. Der BGH hatte sich nunmehr damit zu beschäftigen, ob dennoch Schadensersatzansprüche bestehen können.
Im Dieselskandal haben Kläger voraussichtlich auch dann Chancen auf Schadenersatz von Volkswagen, wenn sie ihr Auto inzwischen weiterverkauft haben. Das wurde am Dienstag bei zwei mündlichen Verhandlungen am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe deutlich (Az. VI ZR 575/20). Nach vorläufiger Einschätzung des VI. Zivilsenats ist - etwa für Berechnungen etwaiger Ansprüche - an die Stelle des Wagens der Verkaufspreis getreten. Der Anwalt von VW hingegen argumentierte, wenn der Kläger das Auto nicht mehr zurückgeben könne, falle der Schadenersatz geringer aus.
In einem Fall hatte die Klägerin ihren VW mit dem Motor 'EA189' im laufenden Verfahren nach Klageerhebung für rund 4.500 Euro verkauft. Der Autobauer ist der Ansicht, dass die Sache damit erledigt ist: Die Frau habe einen marktgerechten Preis erzielt. Das Kölner Oberlandesgericht (OLG) hatte entschieden, dass der Frau Schadenersatz zustehe - es komme allein darauf an, ob das Auto beim Kauf mangelhaft gewesen sei.
VW sind nach eigenen Angaben um die 1000 ähnliche Fälle bekannt. Bei dem Autobauer geht man davon aus, dass noch viele andere Kläger ihr Auto inzwischen verkauft haben dürften.
Im anderen Fall hatte der Kläger seinen VW bei einem Audi-Vertragshändler in Zahlung gegeben und zusätzlich eine "Wechselprämie" von 6.000 Euro bekommen. Hier hatte zuletzt das OLG Oldenburg entschieden, dass diese Summe nicht vom Schadenersatz-Anspruch abzuziehen sei, bevor der BGH das Urteil des erstinstanzlich zuständigen Landgericht Aurich wiederherstellte.
Wer Schadensersatz will muss sein Auto verkaufen
Der VW-Anwalt sagte vor dem BGH, bis zum Verkauf der Autos sei der Anspruch auf Erstattung unbestritten. "Danach (...) war die Welt aber eine andere." Aus Sicht der beiden Vertreter der Kunden kommt es aber darauf an, dass der ursprüngliche Vertrag nie zustandegekommen wäre, hätten die Käufer von den tatsächlichen Schadstoffwerten gewusst. Die Konsequenz dürfe nicht sein, dass man ein Auto, das man nicht mehr haben will, nicht verkaufen kann, sagte einer der Anwälte.
Gegenüber LTO äußerte sich Wolf H. von Bermuth, Anwalt einer klagenden VW-Kundin in der ersten und zweiten Instanz: "Der BGH hat ja schon letztes Jahr entschieden, dass der Schadensersatzanspruch geschädigter VW-Kunden um eine Nutzungsentschädigung für gefahrene km zu kürzen ist. VW-Kunden, die verhindern wollen, dass ihr Schadensersatzanspruch auf diese Weise immer weiter aufgefressen wird, steht jetzt ein einfacher Weg offen: Sie müssen ihr Fahrzeug verkaufen".
Ein Urteil wird in den nächsten Wochen erwartet.
jb/dpa/LTO-Redaktion
BGH verhandelt zum VW-Abgasskandal: . In: Legal Tribune Online, 15.06.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45213 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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