Wer in seinem Whatsapp-Status wiederholt antisemitische Bilder postet, dem kann man sein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht abkaufen. Eine Tschetschenin verliert aus diesem Grund ihre Aufenthaltserlaubnis.
Seit 2016 lebt eine Tschetschenin mit ihrer Familie in Deutschland. Nach einem erfolglosen Asylverfahren beantragte sie im Januar 2023 eine "Chancen-Aufenthaltserlaubnis". Voraussetzung hierfür ist ein unterschriebenes Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung, das sie auch vorlegte, woraufhin sie die Aufenthaltserlaubnis erhielt.
Entgegen ihrem Bekenntnis postete die Frau jedoch mehrfach antisemitische Bilder in ihrem Whatsapp-Status – mit Konsequenzen: Die Behörde widerrief die Erlaubnis mit sofortiger Wirkung, nachdem sie Wind davon bekommen hatte. Zu Recht, wie das Verwaltungsgericht (VG) Münster nun bestätigte (Urt. v. 14.06.2024, Az. 8 L 284/24).
Adolf Hitler, "Tamam Bruder" und der würgende Davidstern
In einem der Statusbilder waren die Frau selbst sowie ein Foto Adolf Hitlers mit der Bildunterschrift "Tamam Bruder" zu sehen. Ein Weiteres zeigte Hitler mit einem Text, der den Holocaust zynisch verharmloste. Zusätzlich veröffentlichte sie ein Bild, welches die Erde im Würgegriff einer Schlange mit dem Davidstern zeigte. All dies postete die Frau in ihrem Whatsapp-Status – sichtbar für alle, mit denen sie täglich in Kontakt steht.
Wer solche Inhalte in seinem Whatsapp-Status postet, hat laut dem VG Münster eine antisemitische Grundeinstellung. Eine solche Einstellung stehe dabei im deutlichen Widerspruch zu dem zuvor abgegebenen Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung, stellte das Gericht klar.
Großes Versprechen, leere Worte
Die Frau war sich ihres Fehlverhaltens hingegen nicht bewusst. Sie gab vor, sich zuvor nie für die Weltgeschichte noch für Politik interessiert zu haben. Vielmehr sei sie in dem festen Glauben gewesen, dass die Bilder sogar etwas Positives darstellen würden.
Dass die Frau nicht verstanden haben soll, was sie genau gepostet hatte, kaufte das Gericht ihr aber nicht ab. So habe sie seit 2017 an verschiedenen Kursen und Weiterbildungen teilgenommen, etwa im Bereich Bürgerkunde, Politik und deutsche Geschichte. Auch den Einbürgerungstest bestand sie. So habe sie wissen müssen, was die Bilder wirklich bedeuteten.
Das Gericht kam nach der Würdigung dieser Umstände zu dem Schluss, dass davon auszugehen sei, dass ihr Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung nichts war, was die Frau auch wirklich so ausleben wollte. Eben nur ein einfaches "Lippenbekenntnis" – und das reiche dem VG Münster für eine Aufenthaltserlaubnis nicht.
xp/LTO-Redkation
Gericht sieht bloßes "Lippenbekenntnis" zur Grundordnung: . In: Legal Tribune Online, 14.06.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54777 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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