Der Kurznachrichtendienst X muss laut dem OLG Frankfurt am Main nur in bestimmten Fällen für falsche oder ehrverletzende Posts haften. Eine entsprechende Unterlassungsklage wiesen die Richter zurück.
Betreiber von Social-Media-Plattformen müssen für rechtsverletzende Inhalte ihrer Nutzer nur unter bestimmten Bedingungen haften. Das entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main am Donnerstag (Urt. v. 14.12.2022, Az. 2-03 O 325/22). Demnach können sie nur belangt werden, wenn der Rechtsverstoß offensichtlich ist und die Hinweise auf diesen zudem konkret gefasst sind.
Geklagt hatte der baden-württembergische Antisemitismusbeauftragte Michael Blume. Laut OLG meldete er der Plattform X (vormals Twitter) mit einem Anwaltsschreiben eine Vielzahl von Tweets mit aus seiner Sicht rechtsverletzenden Inhalten und forderte deren Entfernung und Unterlassung.
X löschte daraufhin den Account eines Nutzers, der sechs der beanstandeten Tweets veröffentlicht hatte. In erster Instanz hatte das Landgericht (LG) Frankfurt am Main die Plattform auf Blumes Eilantrag hin verpflichtet, die Verbreitung von fünf näher benannten Äußerungen des Nutzers über den Kläger zu unterlassen. Dagegen legte X Berufung ein.
Rechtsverletzung muss leicht zu erkennen sein
Das OLG wies diesen Unterlassungsantrag nun ab. X als Betreiberin stelle lediglich eine Plattform für Äußerungen Dritter zur Verfügung. Damit hafte sie als Provider für etwaige rechtsverletzende Inhalte erst nach Kenntniserlangung (sog. notice and takedown). Ein Betroffener müsse die Plattform also zunächst mit Beanstandungen konfrontieren, die so konkret gefasst sein müssten, dass der Rechtsverstoß unschwer erkennbar sei, so das Gericht. Erst dann trifft den Anbieter laut OLG die Verpflichtung zur weiteren Ermittlung und Bewertung des angezeigten Sachverhalts.
Blumes Anwaltsschreiben habe dagegen keine hinreichende Kenntnis von den Tatsachen vermittelt, aus denen der Plattform eine Rechtsverletzung ohne eingehende rechtliche oder tatsächliche Prüfung erkennbar gewesen sei, erklärte der Pressesenat. Es sei ohne jegliche Begründung oder Sachverhaltsdarstellung allein von "rechtswidrigen Inhalten" die Rede gewesen.
Ohne Erfolg blieb laut OLG auch Blumes Berufung dahingehend, dass das von X bereitgestellte Meldeformular kein Textfeld für weitere konkretisierende individuelle Angaben bereitstelle. Das Meldeformular entspreche den Vorgaben des Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (NetzDG) und bezwecke damit in erster Linie eine Kontrolle nach strafbaren Inhalten, stellte das Gericht fest. Zudem wären nähere Angaben sowohl in der Spalte "Inhalt" als auch im Rahmen eines Anhangs möglich gewesen.
dpa/xp/LTO-Redkation
OLG Frankfurt am Main: . In: Legal Tribune Online, 14.06.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54773 (abgerufen am: 02.11.2024 )
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