Die Stadt Ahlen pfändet einen Mops, verkauft ihn dann über ein privates Konto bei Ebay-Kleinanzeigen und sieht nun einem internationalen Shitstorm entgegen. Juristen und Tierschützer sind entsetzt, der Fall beschäftigt nun auch ein Gericht.
Die Posse um eine gepfändete und bei Ebay-Kleinanzeigen verkaufte Mops-Dame geht vor Gericht. Eine Klage gegen die westfälische Stadt Ahlen sei nun eingegangen, sagte der Amtsgerichtsdirektor am Dienstag auf Anfrage. Bevor es möglicherweise zu einer Verhandlung kommt, können beide Seiten noch Stellung zu der Sache nehmen. Die Käuferin der Mops-Dame "Edda" klagt nach eigenen Angaben, weil sie den Kaufpreis und die Tierarztkosten erstattet bekommen möchte.
Um den Streit gibt seit Tagen Wirbel, sogar die New York Times berichtete über den Fall. Die Hündin war nach Angaben der Stadt aus einer Familie in Ahlen gepfändet worden, weil diese hohe Schulden bei der Kommune habe. Allerdings wurde der Mops nicht, wie bei gepfändeten Sachen sonst üblich, versteigert, sondern bei Ebay-Kleinanzeigen von einem privaten Account eines Vollstreckungsbeamten der Stadt Ahlen angeboten, zusammen mit ein Paar Badelatschen von Adidas, wie die Rheinische Post berichtete. Der Erlös des Ebay-Verkaufs sei aber in die Stadtkasse geflossen.
Die Polizeibeamtin Michaela Jordan kaufte das als gesund angepriesene Tier für 690 Euro und stellte dann unter anderem eine schwerwiegende Augenkrankheit fest. Die neue Besitzerin hat für den angeblich so gesunden Mops schon über 1.800 Euro für Augenoperationen, für Medikamente oder auch gegen Würmer ausgegeben, wie Jordan der Deutschen Presse-Agentur schildert. Jordan sagt verärgert, der Mops sei als gesund, geimpft, entwurmt, ärztlich untersucht und "mit Stammbaum" angepriesen worden. "Das war alles gelogen. Und zwar wissentlich."
Juristen zweifeln an Rechtmäßigkeit der Pfändung
Wilmas rechtes Auge sei nur mit einer Notoperation an Weihnachten gerettet worden, fast alle Hornhautschichten waren durchbrochen, berichtet die Polizistin. Mithilfe eines Implantats habe man ein Loch im Auge verschlossen. Drei weitere Eingriffe und viele Kontrolltermine folgten, eine OP stehe in der kommenden Woche noch an.
Sie werde in den sozialen Netzwerken auch beschimpft, verantwortlich dafür gemacht, dass der Mops der Ahlener Familie weggenommen worden sei, beklagt Jordan. Aber es gebe ebenfalls viel Zuspruch. Und der Wirbel um das Mops-Drama wächst weiter. Der Stadt bläst kräftiger Gegenwind auch von Tierschutzbund, Innenministerium oder Rechtsexperten entgegen.
So kam der Kölner Rechtsanwalt Christian Solmecke in einem Blogeintrag zu dem Ergebnis, dass die Pfändung des Mopses "wohl unzulässig" war. Außerdem sei Ebay-Kleinanzeigen keine zulässige Versteigerungsplattform, "sodass die Verwertung durch die Stadt Ahlen in rechtswidriger Weise erfolgte", so Solmecke. Gegenüber RP-Online kam eine Sprecherin des NRW-Innenministeriums zu einer ähnlichen Einschätzung: "Um Geldforderungen einzutreiben, können zwar grundsätzlich auch Tiere gepfändet werden, Haustiere jedoch grundsätzlich nicht", zitiert die Zeitung die Sprecherin.
"Edda", die Jordan umbenannt hat in "Wilma", gehöre seit dem Kauf vom 6. Dezember zur Familie. Für die nach eigenen Worten "totale Mops-Fanatikerin" steht fest: "Auch wenn Wilma ein Dauerpflegling ist, ich möchte sie auf jeden Fall behalten."
Mops soll bei Jordan bleiben
Ahlens Bürgermeister Alexander Berger hatte den Parteien ohne Anerkennung einer Rechtspflicht angeboten, den Eigentümerwechsel rückabzuwickeln. "Das wollen weder meine Mandantin noch die Vorbesitzer", sagte Jordans Anwalt Wolfgang Kalla am Dienstag. Seiner Mandantin gehe es darum, ihren Schaden ersetzt zu bekommen. "Es ist unvertretbar, wie die Stadt hier mit Menschen und Tieren umgegangen ist", sagte er.
Der Anwalt habe Belege dafür, dass eine Züchterin den Vollstreckungsbeamten bereits am Tag der Pfändung auf den schlechten Gesundheitszustand des Hundes aufmerksam gemacht habe. Laut Kalla habe die Züchterin angeboten, den Mops für 400 Euro zu kaufen. Der Vollstreckungsbeamte habe aber das Angebot und die Bedenken der Züchterin ignoriert und den Hund trotzdem als gesund und für einen höheren Preis angeboten. "Wir könnten wegen arglistiger Täuschung anfechten, aber der Hund ist meiner Mandantin ans Herz gewachsen", so Kalla gegenüber LTO. Auch die ehemalige Eigentümerin wolle, dass der Hund bei Jordan bleibt. "Wir wollen Ersatz für alle Kosten, die bisher angefallen sind sowie für alle Folgekosten, die eventuell in der Zukunft anfallen." Die Klageschrift, die am Dienstag bei Gericht einging, umfasst 20 Seiten.
Bürgermeister Berger kündigte in der Zwischenzeit die weitere Aufklärung des Vorgangs an. Die Verwendung eines privaten Ebay-Accounts sei offensichtlich nicht korrekt gewesen, heißt es auf der Homepage der Stadt Ahlen. "Hier hat jemand aus unserer kreativen Verwaltung vielleicht eine Idee zu viel gehabt", sagte Berger am Samstag.
Anders als Michaela Jordan zunächst angekündigt hatte, wolle man auf eine Strafanzeige wegen Betrugs vorerst verzichten. Sollten sich im Prozess am Amtsgericht allerdings konkrete Hinweise auf strafrechtlich relevantes Fehlverhalten seitens der Stadt ergeben, soll die Akte nach Abschluss des Verfahren direkt weiter an die Strafermittler gesandt werden, kündigte der Anwalt an. Nach Angaben des Amtsgerichts ist frühestens in einigen Monaten mit einer Verhandlung zu rechnen.
acr/LTO-Redaktion
mit Materialien der dpa
Hund gepfändet und bei Ebay verkauft: . In: Legal Tribune Online, 05.03.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/34203 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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