Bei den "Dieselgate"-Klagen von Anlegern vor dem LG Stuttgart muss Volkswagen vorerst weiter mit dem zuständigen Richter Fabian Reuschle Vorlieb nehmen. Der Konzern hatte ein Ablehnungsgesuch wegen Befangenheit gestellt.
Wie zunächst die Kanzlei Tilp, die zahlreiche Kläger vertritt, mitteilte, hat das Landgericht (LG) Stuttgart die Ablehnungsgesuche von Volkswagen als unbegründet abgelehnt (Beschl. v. 05.06.2018, Az.: 22 AR 2/17 Kap). Ein Gerichtssprecher bestätigte das.
Die Vertreter von VW hätten das Ablehnungsgesuch mit der Verfahrensleitung von Dr. Fabian Reuschle und anderen Verhaltensweisen begründet, die ihrer Auffassung nach "eine Besorgnis der Befangenheit begründen", heisst es in dem Beschluss. Es bestehe zudem der Eindruck, der Richter strebe seit Beginn der Verfahren nach medialer Aufmerksamkeit. Er wolle sich als vermeintlicher "Vater des KapMuG" inszenieren und persönliche Reformvorschläge erproben, zitieren die Stuttgarter Richter in ihrem Beschluss aus dem Ablehnungsgesuch der VW-Anwälte.
Sie entschieden allerdings, dass Volkswagen den Richter unter anderem wegen § 43 ZPO nicht mehr wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnen kann, da der Konzern sich bereits bei ihm in eine Verhandlung eingelassen und Anträge gestellt habe. Dass Reuschle sich in einem Telefonat mit einem VW-Anwalt als "Gesetzgeber" bezeichnet haben soll und dass die Presse vielfach über den Richter berichtet hatte, sei ebenfalls kein valider Ablehnungsgrund.
Volkswagen teilte mit, man halte die Entscheidung des Gerichts für nicht nachvollziehbar. "Wir werden die Entscheidungsgründe nun zunächst sorgfältig prüfen und behalten uns vor, anschließend Beschwerde beim zuständigen Oberlandesgericht einzureichen", hieß es. Der Richter habe "erhebliche Zweifel an der gebotenen Objektivität, Unvoreingenommenheit und Distanz zum Verfahrensgegenstand erweckt".
Unterdessen wurde bekannt, dass Reuschle in dem Zivilprozess um die Anlegerklagen, der im Herst starten wird, zahlreiche prominente Zeugen vernehmen will. Laut der Stuttgarter Zeitung sollen amtierende oder ehemalige Topmanager von VW und dem Zulieferer Bosch sowie Verkehrsminister Andreas Scheuer und sein Vorgänger Peter Ramsauer (beide CSU) aussagen. Die Beweisaufnahme soll klären, wer den damaligen VW-Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn über den Einsatz einer Betrugssoftware in Kenntnis gesetzt hat und vor allem wann dies geschehen ist.
ah/LTO-Redaktion
Mit Material von dpa
VW-Anlegerklagen: . In: Legal Tribune Online, 08.06.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/29047 (abgerufen am: 15.11.2024 )
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