Wegen Corona konnten Unternehmen ihre Hauptversammlungen digital abhalten. Das soll auch nach der Pandemie weiter möglich sein, so das Bundeskabinett. Die Entscheidung verbleibt aber letztendlich bei den Aktionären.
Virtuelle Hauptversammlungen sollen nach dem Willen der Bundesregierung auch in Zukunft erlaubt bleiben. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch, die aufgrund der Corona-Pandemie geschaffene Möglichkeit, Hauptversammlungen rein digital abzuhalten, zu verlängern. Damit werde eine "dauerhafte Lösung, die sowohl die Aktionärsrechte wahrt als auch praktikabel für die Unternehmen bleibt", geschaffen, sagte Justizminister Marco Buschmann (FDP).
Die Entscheidung, ob eine Aktiengesellschaft Online-Hauptversammlungen abhält, bedarf nach Angaben des Bundesjustizministeriums einer Grundlage in der Gesellschaftssatzung. Damit liege die Entscheidung über deren Format bei den Aktionärinnen und Aktionären, hieß es in einer Mitteilung des Ministeriums. "Die Präsenzversammlung bildet damit weiterhin die Grundform der Hauptversammlung."
Wenn der Bundestag den Gesetzentwurf in der jetzigen Form verabschieden sollte, wird es für die Online-Aktionärsversammlung mehrere Voraussetzungen geben. Findet die Hauptversammlung virtuell statt, muss die gesamte Versammlung beispielsweise in Bild und Ton übertragen werden. Elektronisch zur Versammlung zugeschaltete Aktionärinnen und Aktionäre müssen eine Widerspruchsmöglichkeit haben. Das Rederecht wird analog zur Präsenzversammlung und ohne Vorverfahren vorgesehen.
Nachbesserung notwendig?
Das Deutsche Aktieninstitut kritisierte, der Gesetzesentwurf greife zu kurz. Er führe zu "erheblicher Rechtsunsicherheit" bei virtuellen Hauptversammlungen, monierte die Geschäftsführende Vorständin Christine Bortenlänger. "So besteht beispielsweise die Gefahr, dass wegen einer zu hohen Zahl von gleichzeitig elektronisch übermittelten Wortmeldungen ein ordnungsgemäßer Ablauf der Hauptversammlung nicht mehr gewährleistet werden kann." Sie forderte Nachbesserungen.
Der Bundesverband der Unternehmensjuristen (BUJ) kann sich mit den Plänen ebenfalls nicht anfreunden. Der BUJ bemängelt den steigenden Aufwand, der auf Unternehmen zukomme und prophezeit, dass die angedachte gesetzliche Regelung dem Praxischeck nicht standhalten werde.
"Es ist enttäuschend, dass die Bundesregierung die Chance nicht nutzt, künftig gut strukturierte, zukunftsgerichtete und für alle Aktionäre attraktive virtuelle Hauptversammlungen zu ermöglichen. Die nun vorgeschlagenen Regelungen gehen an den praktischen Bedürfnissen vorbei – die virtuelle Hauptversammlung wird so in Deutschland insbesondere für größere Publikumsgesellschaften totes Recht werden," so Dr. Claudia Junker, Präsidentin des BUJ.
Der Digitalverband Bitkom begrüßte das Vorhaben der Bundesregierung. "Virtuelle Zusammenkünfte von Aktionärinnen und Aktionären sparen Zeit, reduzieren Kosten für die Unternehmen und sind darüber hinaus auch noch klimafreundlich", sagte Bitkom-Präsident Achim Berg. Digitale Technologien ermöglichten "problemlos rechtssichere Hauptversammlungen". Die Bundesregierung solle prüfen, ob virtuelle Treffen auch in anderen Bereichen möglich sein könnten, etwa für Gemeinderäte, Parlamente oder Betriebsversammlungen.
pdi/sts/LTO-Redaktion
mit Material der dpa
Bundeskabinett beschließt Gesetzentwurf: . In: Legal Tribune Online, 28.04.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48273 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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