Viereinhalb Jahre nach dem Ende des Dresdner Finanzdienstleisters Infinus hat das LG Dresden fünf ehemalige Manager zu Freiheitsstrafen zwischen acht Jahren sowie fünf Jahren und vier Monaten verurteilt.
160 Verhandlungstage, 240 Zeugen und eine sechsstündige Urteilsverkündung: Am Landgericht (LG) Dresden endete am Montag eines der größten Wirtschaftsstrafverfahren in Deutschland – zumindest fürs Erste (Urt. v. 09.07.2018; Az. 5 KLs 100 Js 7387/12).
Die Wirtschaftsstrafkammer des LG Dresden sprach vier ehemalige Führungskräfte von Infinus des gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs in Tateinheit mit Kapitalanlagebetrug schuldig. Gegen einen weiteren Angeklagten verhängten die Richter eine Haftstrafe von viereinhalb Jahren wegen Beihilfe zu eben jenem.
Zudem verfügte das Gericht, dass das Vermögen der Ex-Manager in Höhe von insgesamt über 51 Millionen Euro eingezogen wird. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Verteidiger kündigten Revision an. Sie meldeten Zweifel an den wesentlichen Ausführungen des Gerichts hinsichtlich der Täuschung und des Schadens an und waren nach eigenen Angeben auch nicht von der Fairness des Verfahrens überzeugt.
22.000 Anleger betrogen
Der Prozess hatte Mitte November 2015 begonnen. Der Anklage nach haben die Männer ein "Schneeballsystem" betrieben, Nachrangdarlehen und Orderschuldverschreibungen mit zu hohen Renditeversprechen gehandelt und letztlich etwa 22.000 Anleger um rund 312 Millionen Euro betrogen.
Auch die Kammer des LG Dresden sah es als erwiesen an, dass das Geschäftsmodell ein Schneeballsystem war, sie bezifferte den Nettoschaden jedoch auf rund 155 Millionen Euro. Die Höhe sei "im Zweifel für die Angeklagten" bewertet worden, der wirtschaftliche Gesamtschaden liege mit 415,6 Millionen Euro bedeutend höher, sagte der Vorsitzende Richter Hans Schlüter-Staats.
Ein Hinweis der Bundesbank und der Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin hatte die Ermittlungen zu Infinus Mitte 2012 ins Rollen gebracht, Ende 2013 klickten dann die Handschellen. Bei einer Razzia waren Villen, Luxuswagen und anderes Vermögen der Beschuldigten beschlagnahmt worden. Seit Herbst 2016 sind alle Angeklagten wieder auf freiem Fuß, gegen Kaution oder unter Auflagen. Das Gericht hob die bisher ausgesetzten Haftbefehle gegen drei der Angeklagten auf, für Jörg B. und seinen früheren Chefverkäufer bleiben sie unter Meldeauflagen außer Vollzug.
Gewinne existierten nur auf dem Papier
Nach Überzeugung der Richter schlossen die zuletzt 22 Gesellschaften untereinander Luftgeschäfte ab. Es seien Gewinne generiert worden, die nur auf dem Papier existierten. Gegenüber Vermittlern und Anlegern sei ein funktionierendes Geschäftsmodell dargestellt worden, das es nicht gab. Tatsächlich seien Orderschuldverschreibungen und Nachrangdarlehen mit zu hohen Renditeversprechen gehandelt worden, die nur mit dem Geld von zusätzlich eingeworbenen Anlegern hätten bedient werden können.
Dieser Schneeballeffekt habe sich verstärkt, da immer neue, großvolumige Eigenverträge abgeschlossen werden mussten, um in der Gewinnzone zu bleiben. "Es war eine sich immer schneller drehende Spirale", konstatierte Schlüter-Staats. "Jeder, der es weiterhin betreibt, wird zum Betrüger, weil er weiß, dass der Schaden umso größer ist, je länger es läuft." Am Ende habe die Finanzierungslücke rund 50 Millionen Euro betragen.
Das Unternehmen hätte nach Überzeugung der Kammer auch ohne das Einschreiten der Staatsanwaltschaft nicht überlebt. Indem die Eigengeschäfte verstetigt wurden, "haben Sie den ersten Sargnagel für Infinus geschlagen", sagte der Vorsitzende an den Gründer des Mutterkonzerns Future Business (Fubus) und Ex-Infinus-Boss Jörg B. gewandt.
"Es war ein ausgefeiltes System, ein sehr intelligenter Betrug", sagte Schlüter-Staats. Die Angeklagten seien dort hineingewachsen und hätten "irgendwann den Point of no return" erreicht. Begünstigt wurde die Tat durch Testate von Wirtschaftsprüfern und die Unterstützung von Steuerberatern.
dpa/ah/LTO-Redaktion
Urteilsverkündung im Infinus-Skandal: . In: Legal Tribune Online, 10.07.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/29651 (abgerufen am: 15.11.2024 )
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