Unternehmensjuristen sind gegenüber der Digitalisierung aufgeschlossen, zeigt eine Studie. Es fehlt ihnen aber an digital-affinem Personal – und an einer frühen Einbindung in die Prozesse.
Wie arbeiten Mitarbeiter in der Rechtsabteilung und welche Einflussfaktoren prägen ihre Tätigkeiten? Das herauszufinden war das Ziel einer Studie des Instituts für Industriekommunikation und Fachmedien (IIF) an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen. Die Studie befasste sich insbesondere mit dem Einsatz von technologischen Hilfsmitteln wie Software und Online-Dienste in Rechtsabteilungen. Die Vermarktung der Studie hat Wolters Kluwer übernommen – der Informationsdienstleister, zu dem auch die LTO gehört.
Über 300 Mitarbeiter aus Rechtsabteilungen haben sich an der Studie beteiligt. 68 Prozent von ihnen stammen aus Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern, 24 Prozent aus solchen mit 50 bis 249 Mitarbeitern, acht Prozent aus Unternehmen mit 10-49 Mitarbeitern und 0,6 Prozent aus Unternehmen mit 1 bis 9 Mitarbeitern. Der Großteil der Befragten (44 Prozent) arbeitet in einer Rechtsabteilung mit zwei bis fünf Volljuristen.
Verträge, Verträge, Verträge
Die wesentliche Aufgabe der Inhouse-Anwälte liegt in der Verhandlung oder Gestaltung von Verträgen – über 80 Prozent der Studienteilnehmer bezeichneten dies als den Schwerpunkt ihrer Arbeit.
Die zweithäufigste Angabe "Vertragsdurchführung, -überwachung und -controlling" wird nur von 20 Prozent der Befragten häufig oder oft durchgeführt. "Wir schließen aus diesen Zahlen, dass die Verträge in der Rechtsabteilung gestaltet und verhandelt werden und sie danach zur Durchführung, Überwachung und zum Controlling in die Fachabteilungen gegeben werden", sagt Luisa Piras, Studienleiterin beim IIF.
Nur die Hälfte der Rechtsabteilungen nimmt diese Aufgaben selbst wahr. Auch das Management von Unternehmensbeteiligungen und das Thema Compliance sind Bereiche, mit denen sich die Inhouse-Juristen in den Rechtsabteilungen nicht ständig befassen: Weniger als die Hälfte der Befragten beschäftigen sich oft oder häufig mit Compliance-Fragen. Überraschend ist dies nicht: Das Thema wird in vielen Unternehmen als besondere Position neben der Rechtsabteilung, oft auf Vorstandsebene, aufgehängt.
Standardprogramme in den Rechtsabteilungen
Spezielle digitale Unterstützung haben die wenigsten Unternehmensjuristen: Nur ein Drittel von ihnen arbeitet mit einer speziellen Software. Der weit überwiegende Anteil der Studienteilnehmer hingegen verwendet ausschließlich branchenunabhängige Programme wie MS Office.
Nicht jeder hält das für eine gute Idee: Gerade in Bereichen wie Vertragsdurchführung, -überwachung und –controlling, in denen der Einsatz von spezialisierter Software leicht möglich wäre, herrscht bei über einem Viertel der Befragten hohe Unzufriedenheit. "Diejenigen Juristen, die bereits spezielle Software verwenden, erleben ihre Arbeit als signifikant strukturierter und rechtssicherer", sagt Piras. Allerdings, das zeigte die Studie auch, gehe mit dem Einsatz solcher Software Flexibilität verloren.
Gleichwohl wünschen sich viele Anwälte in den Rechtsabteilungen eine Digitalisierung von Arbeitsprozessen – von Hemmungen oder Sorgen in Hinblick auf die Entwicklung berichten die Juristen nicht. Allerdings stammten die Teilnehmer auch zum überwiegenden Teil aus größeren Unternehmen, in denen die Beschäftigten der digitalen Entwicklung generell positiv gegenüberstehen.
Fachabteilung als Konkurrenz zur Kanzlei
Tatsächlich pressiert bei den Inhousejuristen ein anderes Thema: Sie sehen sich einem gestiegenen Arbeitspensum, höherem Kosten- und Zeitdruck ausgesetzt. Am bedeutendsten, um diese Herausforderung zu meistern, sei eine frühzeitige und ständige Einbindung in die wesentlichen Geschäfts- und Entscheidungsprozesse ihres Unternehmens. Ganze 89 Prozent halten dies für wichtig, um "proaktive Projektbegleiter" zu sein.
Mehr Personal wünschen sich 58 Prozent der Studienteilnehmer, ebenso viele glauben, eine spezielle Rechtsabteilungssoftware könnte sie in ihren täglichen Anforderungen unterstützen. Rund ein Drittel (34 Prozent) der Inhouse-Juristen sähe zudem im Ausbau der Zusammenarbeit mit externen Kanzleien eine echte Möglichkeit zur Unterstützung ihrer Arbeit. Fast genauso viele wünschen sich, Aufgaben in Fachabteilungen auszulagern.
Studie zur Tätigkeit von Unternehmensjuristen: . In: Legal Tribune Online, 08.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22026 (abgerufen am: 07.11.2024 )
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