Täglich pitchen Kanzleien in Rechtsabteilungen verschiedenster Unternehmen. Nicht immer führt die Selbstdarstellung jedoch zum Erfolg. Wie es besser und moderner geht, erklärt Barbara Helten.
"Ich staune sehr darüber, dass der Auftritt vieler Kanzleien auch im Jahr 2021 auffallend unzeitgemäß ist," so die Juristin eines großen deutschen Konzerns. "Ganz oft sind zum Beispiel keine Anwältinnen in den Teams – selbst, wenn die Kanzlei weiß, dass das Mandat seitens der Rechtsabteilung ausgewogen zusammengesetzt ist oder hauptsächlich von einer Juristin betreut wird. Die Zusammenstellung der Pitch-Teams, die schlechte Arbeitsatmosphäre untereinander, aber eben auch die fehlende Diversität sind oft atemberaubend!"
Diese und andere Kritik wird laut, wenn man Unternehmensjuristen nach ihren Erfahrungen mit Kanzleien fragt. Selten geht es um fachliche Schwäche, fast immer steht das Zwischenmenschliche im Vordergrund. Woran liegt das? Unternehmen pflegen ihre Kultur, Mitarbeiter sind interkulturelle Trainings und natürlich Teamarbeit gewöhnt, man setzt auf Diversität. So doch aber auch Kanzleien, zumindest solche größeren Zuschnitts – oder sind es dort etwa nur Lippenbekenntnisse?
Das glaubt Dr. Thomas Lappe, Praxisgruppenleiter für Corporate bei der Kanzlei K&L Gates, nicht. Dennoch meint er, internes Kompetenzgerangel habe schon manch fachlich guten Auftritt verdorben. Es sei oft nicht leicht, alle Interessen unter einen Hut zu bekommen. Man mache sich allerdings innerhalb der Kanzlei viel mehr Gedanken über die Zusammenstellungen der Teams als früher. So überlege man durchaus, wer einen auf der anderen Seite erwarte und sorge für die passenden Personen im eigenen Team. "Wir führen vor größeren Pitches Rollenspiele durch, um die Situation zu simulieren. Ob es dann tatsächlich auch im realen Pitch passt für das Gegenüber, wissen wir aber erst danach," so Lappe.
Institutionalisiert sind Rehearsals dennoch in vielen Kanzleien noch lange nicht. Dabei besteht Einigkeit darüber, dass sich ein gut organisiertes Rollenspiel mit neutralem Beobachter und präziser Auswertung eigentlich immer lohnt – und wenn es nur dazu dient, die Teamzusammengehörigkeit zu stärken.
Mit wem wird man zu tun haben?
Die Rechtsabteilungsleiterin einer großen deutschen Projektentwicklungsgesellschaft betonte, wie wichtig es ihr sei, in einem Pitch vor allem die Anwälte kennenzulernen, mit denen sie tatsächlich arbeiten werde. "Ich habe überhaupt kein Problem damit, wenn es sich dabei um Associates oder Senior Associates handelt, die noch keine dreißig Jahre Berufserfahrung auf dem Buckel haben. Ich möchte schon im Pitchtermin die treffen, die ich dann auf einem kurzen Weg anrufen kann, wenn ich Fragen habe. Dass stattdessen meist mehrere Partner zum Pitchtermin kommen, nervt mich eher", so die Juristin weiter.
Auch das in Kanzleien allseits gewünschte Cross-Selling gehe manchmal an der Sache vorbei, so die Rechtsabteilungsleiterin. Sie verstehe zwar, dass die Kanzleien viele gute Experten haben. Diese benötige sie aber in ihrem sehr speziellen Rechtsgebiet meist gar nicht.
Pitchunterlage – nützlich oder überflüssig?
Die Tücke liegt auch im Detail: So stellt manch ein Unternehmensjurist auch mal Fragen über die Pitch-Unterlagen, die die Kanzlei mitbringt oder versendet. Zum Beispiel zu den ausgewählten Fotos, die oftmals Anlagen des Unternehmens zeigten. Dabei stellt sich manches Mal heraus, dass die Anwälte nicht wussten, um welche Anlagen es sich handelte.
Kann man daraus schließen, dass sich das Pitch-Team nicht mit dem Unternehmen auseinandergesetzt hat? Das muss nicht sein. Aber tatsächlich recherchieren einige Anwälte im Vorfeld eher selten. "Gut ist, wenn der Anwalt darüber nachgedacht hat, was meine Abteilung gerade beschäftigt und mir Angebote macht, wie er mir helfen kann. Eine Diskussion darüber hilft mir viel mehr als das Vortragen seiner Referenzmandate. Diese mögen eindrucksvoll sein – haben aber mit mir und meiner Arbeit nichts zu tun," so auch die Rechtsabteilungsleiterin.
"Ein guter Pitch zeichnet sich durch verschiedene Faktoren aus. Die Selbstdarstellung der eigenen Kanzlei spielt dabei die geringste Rolle – wie viele Büros und Anwälte weltweit, das ist einfach nicht wichtig und darüber haben wir uns in der Regel vorher schlau gemacht. Auf die Pitchunterlage könnte ich gut verzichten!"
Zuhören und Fragen stellen
Weniger Hochglanzbroschüre, mehr echtes Wissen über Unternehmen, Themen und Geschäftsmodelle also. Dafür sei das genaue Zuhören ganz wesentlich. Nach wie vor redeten die Anwälte in den Pitchterminen viel und fragten wenig. Das sei aber immens wichtig, um besser zu verstehen, wobei externe Hilfe gebraucht werde, wundern sich die befragten Unternehmensjuristen. "Ich beobachte häufig, dass sich die Anwälte keine Zeit für einen Perspektivwechsel nehmen," so der Rechtsabteilungsleiter eines globalen Technologieunternehmens. Dieser sei unerlässlich für eine gute Beratung und komme meist viel zu kurz.
Einige der größeren Kanzleien haben zumindest die Manöverkritik schon als festen Arbeitsschritt etabliert: "Nach dem Pitch sind wir selbstkritisch und hinterfragen, was wir hätten besser machen können. Auch hier besteht immer die Gefahr, dass dieser Schritt aus Zeitgründen versäumt wird. Aber nur so können wir lernen. Mir ist besonders wichtig, die Gründe zu erfahren, wenn wir mal ein Mandat nicht bekommen. Ich scheue mich dann überhaupt nicht, direkt nachzufragen," so Dr. Peter Schorling, Managing Partner bei Greenberg Traurig Germany.
Nachfragen sind noch längst nicht bei allen Kanzleien die Regel. Die befragten Unternehmensjuristen finden, dass noch immer viel zu wenig Anwälte nach den Ablehnungsgründen fragen. Dabei stünden sie zur Verfügung, die Gründe zu benennen und schlössen eine spätere Zusammenarbeit gar nicht aus. Wenn allerdings kaum jemand frage, könnten sie auch keine Verbesserungstipps geben.
Es gibt also viele Möglichkeiten für Kanzleien, ihre Selbstdarstellung zu optimieren und sich von der Masse abzuheben. So ist auch eine freundliche Follow-Up Mail, in der sich für das interessante Gespräch nach dem Termin bedankt wird, durchaus hilfreich.
Hier noch einmal alle Tipps und Tricks auf einen Blick:
Checkliste
Vor dem Termin:
- Nehmen Sie einen Perspektivwechsel vor und versetzen sich in die Lage des Unternehmensjuristen. Wobei könnte dieser Ihre Hilfe benötigen? Planen Sie Ihr Gespräch von dieser Perspektive aus.
- Führen Sie Rehearsals durch und spielen die Pitchsituation durch. Dabei fallen Unstimmigkeiten schnell auf.
- Gehen Sie davon aus, dass Ihre Referenzen und Ihre Kanzlei bekannt sind und gestalten Sie Ihr Pitchdokument entsprechend kurz. Aufwendig gestaltete Broschüren oder gar Power Point Präsentationen werden nicht gelesen.
- Setzen Sie Ihr Pitch-Team ausgewogen und mit den Anwälten zusammen, die dann später auch die Arbeit erledigen.
- Kennen Sie Ihre Unterlage und seien Sie gefasst auf Nachfragen.
Im Pitch-Termin:
- Stellen Sie Fragen. Hören Sie Ihrem potentiellen Mandanten zu.
- Verzichten Sie auf zu viel Selbstdarstellung.
- Schaffen Sie eine gute Arbeitsatmosphäre und lassen jüngere Kollegen zu Wort kommen.
- Verzichten Sie auf Cross Selling-Versuche, wenn erkennbar keine gebraucht werden.
Nach dem Pitch-Termin:
- Senden Sie nach dem Termin eine E-Mail, in der Sie sich für das interessante/informative Gespräch bedanken.
- Wenn Sie eine Absage erhalten, fragen Sie nach, woran es gelegen hat. Eine spätere Zusammenarbeit ist durchaus noch möglich.
Die Autorin Barbara Helten ist Geschäftsführerin von Helten Bischof Communications, spezialisiert auf die strategische PR-Beratung von Kanzleien, tätig in der Unternehmenskommunikation und bei Medientrainings.
Im Wettbewerb um das Mandat: . In: Legal Tribune Online, 25.05.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45036 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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